Friedensforscher: Globale Militärausgaben nehmen wieder zu

Spielzeugpanzer mit künstlicher Blutspur
Foto: kallejipp/photocase
Friedensforscher: Globale Militärausgaben nehmen wieder zu
Erstmals seit vier Jahren sind die weltweiten Militärausgaben 2015 wieder gestiegen. Annähernd 1,7 Billionen US-Dollar hätten die Staaten insgesamt für ihre Streitkräfte aufgewendet, teilte das in Stockholm ansässige Friedensforschungsinstitut Sipri am Dienstag mit.

Das sei eine Zunahme um ein Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die weltweiten Rüstungsausgaben entsprechen demnach 2,3 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Deutschland belegt mit Rüstungsausgaben von umgerechnet 39,4 Milliarden US-Dollar weltweit den neunten Platz (2014 Platz acht).

Ausdruck eskalierender Konflikte

"Insgesamt weisen die Militärausgaben vom vergangenen Jahr gegensätzliche Trends auf", erklärte der Sipri-Forscher Sam Perlo-Freeman. Einerseits seien die gestiegenen Ausgaben ein Ausdruck eskalierender Konflikte und Spannungen in vielen Teilen der Welt. Andererseits sei in einer Reihe von Ländern zu erkennen, dass wegen fallender Ölpreise und der damit verbundenen geringeren Einnahmen auch weniger Geld in Rüstung geflossen sei.

Laut Sipri investierten fast alle Länder Asiens und Ozeaniens mehr in ihre Rüstung, ebenso wie Mittel- und Osteuropa sowie einige Länder im Nahen Osten. Das gleiche die geringeren Ausgaben in Afrika, Lateinamerika und der Karibik aus, erklärten die Friedensforscher. In Nordamerika und Westeuropa nahmen die Investitionen weiter ab, jedoch weniger als in den Jahren davor. Die Militärausgaben weltweit waren 13 Jahre in Folge von 1998 bis 2011 gestiegen, bevor sie zwischen 2011 und 2014 leicht zurückgingen.   Die USA führen weiterhin die globale Rangliste an, obwohl sie ihre Militärausgaben weiter zurückgefahren haben. Demnach fielen die US-Investitionen für Rüstungsgüter 2015 im Vergleich zum Jahr davor um 2,4 Prozent auf 596 Milliarden US-Dollar (523 Milliarden Euro). Damit machen die Ausgaben der Vereinigten Staaten einen Anteil von 36 Prozent der weltweiten Militärinvestitionen aus.

Die Plätze zwei, drei und vier belegen laut Sipri China, Saudi-Arabien und Russland. Demnach gab China im vergangenen Jahr 7,4 Prozent mehr für Rüstung aus und steigerte seine Investitionen auf 215 Milliarden US-Dollar. Saudi-Arabiens Ausgaben stiegen um 5,7 Prozent auf 87,2 Milliarden US-Dollar und die Russlands um 7,5 Prozent auf 66,4 Milliarden US-Dollar.

Reaktionen in Deutschland

Nach der Wirtschaftskrise 2009 hatten West- und Mitteleuropa sowie Nordamerika die Militärausgaben gekürzt, doch zeichnete sich dem Friedensforschungsinstitut zufolge 2015 ein Ende dieses Rückgangs ab. So führte der US-Kongress mehrere Maßnahmen ein, um die Militärausgaben vor Haushaltskürzungen zu schützen. Zudem haben Großbritannien, Frankreich und Deutschland angekündigt, als Reaktion auf die russische Außenpolitik sowie wegen der Bedrohung durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" in den kommenden Jahren wieder mehr für Militär- und Rüstungsgüter ausgeben zu wollen.

Insbesondere europäische Länder an der Grenze zu Russland und der Ukraine wie die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie Polen, Rumänien und die Slowakei hatten ihre Militärausgaben im vergangenen Jahr um 13 Prozent erhöht. Westeuropa gab zwar 1,3 Prozent weniger für die Streitkräfte aus, aber das war der geringste Rückgang seit 2010. Die unbeständige politische und wirtschaftliche Lage mache eine klare Prognose für die kommenden Jahre schwierig, erklärten die Stockholmer Friedensforscher. 

In einer Reaktion auf den Sipri-Bericht forderte die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger für Deutschland ein Rüstungsexportgesetz. Brugger nannte es "besonders zynisch", dass der extremen Armut und dem Hunger in der Welt mit nur zehn Prozent der Militärausgaben ein Ende gesetzt werden könnte. Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke, forderte mit Blick auf Saudi-Arabien, Deutschland müsse endlich aufhören, ausgerechnet die Regionen der Welt mit Waffen auszurüsten, in denen kriegerische Konflikte und Spannungen besonders besorgniserregend seien.