TV-Tipp: "Alleingang" (ARD)

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TV-Tipp: "Alleingang" (ARD)
23.2., ARD, 22.45 Uhr: "Alleingang"
Schurken im Fernsehfilm sind in der Regel gebrochene Charaktere; böse zwar, aber irgendwo auch menschlich. Viele Schauspieler schrecken davor zurück, den Unhold als eindimensional negative Persönlichkeit zu verkörpern. In Hartmut Schoens Film "Alleingang" verstößt Armin Rohde gegen dieses ungeschriebene Gesetz mit einer Hingabe, die den Thriller zum Ereignis macht.

Als Gangster Mattock, der sich "King" nennen lässt, geht er an die Grenze des Erträglichen; er versieht die Figur mit allen nur erdenklichen abstoßenden Attributen. Die Kameraperspektive (Bildgestaltung: Eeva Fleig) lässt den Zuhälter zudem betont hässlich erscheinen. Aber er ist der Boss: Nach geglückter Flucht aus einem Gefangenentransport zwingt Mattock die Polizei, ihm eine Diesellok samt Waggon zur Verfügung zu stellen. Als Zugbegleiter verpflichtet er die beiden Männer, die ihn verhaftet haben. Was er nicht ahnt: Die Kommissare Zuckmayer (Alexander Held) und Schübel (Matthias Koeberlin) reden kein Wort mehr miteinander, seit der jüngere dem älteren die Frau (Maria Schrader) ausgespannt hat. Und nun müssen sie aneinandergefesselt die Eskapaden des Gangsters ertragen, der mit der Polizei Katz’ und Maus spielt.

Natürlich fasziniert Schoens Film auch durch die personelle Konstellation und das ausgezeichnete Ensemble, aber fast noch reizvoller sind die kaum merklichen Genrewechsel. "Alleingang" beginnt als Polizeifilm, wandelt sich zum Kammerspiel und wird schließlich zum Drama, weil Mattock doch noch so etwas wie die Zärtlichkeit des Monsters zeigt; aber erst der verblüffende Schluss offenbart, dass die Geschichte unterschwellig die ganze Zeit eine Romanze war.

Großartige Schauspielleistung

Wie immer in seinen Filmen holt der vielfach ausgezeichnete Autor und Regisseur (zuletzt "In den besten Jahren") aus seinen Schauspielern das Beste raus. Das gilt gerade für den komplett gegen sein komödiantisches Image besetzten Oliver Wnuk als kaltschnäuziger Einsatzleiter, dessen seltene Gefühlsregungen man eher erahnt als tatsächlich wahrnimmt. Herausragend aber ist die Paarung Held/Rohde, die natürlich auch von den offenkundigen Gegensätzen lebt. Der labile Choleriker King ist eine proletarische Ausgeburt krimineller Energie, so dass Rohde wie Orkan durch den Film fegen darf. Held dagegen spielt seinen Polizisten ganz zurückgenommen und mit kleinen Gesten, die auf ihre Weise aber genauso wirkungsvoll sind wie die physische Präsenz Rohdes, zumal das großspurige Gehabe Mattlocks vor allem sein kleines Ego kaschieren soll: Der "King" ist bloß ein Hotzenplotz.