TV-Tipp des Tages: "Tatort: Du gehörst mir" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "Tatort: Du gehörst mir" (ARD)
14.2., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Du gehörst mir"
Ästhetik und Akustik machen den Tatort aus Ludwigshafen sehenswert, aber der Rest lässt zu wünschen übrig.

Was war das doch für eine gute Idee, das etwas in die Jahre gekommene Ludwigshafener Gespann um eine junge Kollegin zu ergänzen! Tatsächlich brachte Lisa Bitter als LKA-Analytikerin Johanna Stern schon bei ihrem ersten Auftritt in der Episode "Blackout" (2014) viel frischen Wind in die Krimis aus der Pfalz. Den albernen Zickenkrieg, den sich die Verantwortlichen für die letzte Episode ("LU") ausgedacht haben, brauchte allerdings kein Mensch. Leider muss Autor Jürgen Werner diese Ebene fortsetzen. Diesmal kracht es nicht nur zwischen Stern und Platzhirschkuh Lena Odenthal (Ulrike Folkerts), das gesamte Team geht sich, bildlich gesprochen, an die Gurgel, sodass schließlich nacheinander wutschnaubend erst Kopper (Andreas Hoppe) und dann Odenthal aus dem Revier stürmen.

Das könnte ja trotzdem ganz reizvoll sein, zumal sich Werner offenkundig vom Asterix-Band "Der Seher" inspirieren ließ (der Comic wird auch mal erwähnt); vorausgesetzt, die entsprechenden Szenen wären glaubwürdiger gespielt, die Ressentiments wären nachvollziehbar und die überschäumenden Emotionen hätten einen plausiblen Bezug zur Geschichte. So aber wirkt das Verhalten der Figuren bloß unprofessionell. Das ist natürlich ihr gutes Recht, aber wenn das so weitergeht, sind die Filme am Sonntagabend schlicht deplatziert; dann sollte der SWR lieber eine Serie draus machen, die das "Erste" am Dienstag zeigen kann.

Zuletzt bei "LU" sorgte wenigstens die Krimiebene für einen gewissen Ausgleich. Auch das funktioniert bei "Du gehörst mir" trotz diverser kriminalistischer Details nicht recht, zumal sich jeder halbwegs erfahrene Krimizuschauer fragen wird, warum das Ermittlertrio hartnäckig eine naheliegende Verdächtige übersieht. Wie bereits in "Blackout" geht es um Rache für eine Vergewaltigung. Der Auftakt ist spektakulär: Ein Mann wird in einem Parkhaus zwischen zwei Autos zerquetscht; der Film zeigt den Mord aus gleich drei Perspektiven. Die DNS-Analyse ergibt einen Treffer: Der Mann hat einige Wochen zuvor eine Balletttänzerin derart brutal vergewaltigt, dass die junge Marie seither im Koma liegt. Bei ihrer Tatortanalyse kommt Stern zu dem Schluss, dass der Täter nicht allein gewesen sein kann, und tatsächlich wird kurz drauf der Kraftklubkumpel des Mannes vergiftet. Weil die beiden Kommissarinnen aber so sehr damit beschäftigt sind, sich gegenseitig Mangel an Mitgefühl und Verstand vorzuwerfen und sich Kollege Kopper aus Liebeskummer dauernd die Kante gibt, übersehen sie im Umfeld des Vergewaltigungsopfers ausgerechnet jenen Menschen, der der jungen Frau so nahe steht wie niemand sonst.

Inszeniert wurde "Du gehörst mir" von Roland Suso Richter, dessen Filmografie mit Ereignisfernsehen wie "Dresden", "Mogadischu", "Grzimek" oder "Die Spiegel-Affäre" gespickt ist. Selbst bei Richters wenigen weniger gelungenen Werken aber kann man sich stets auf zwei Qualitätsmerkmale verlassen: Seine Filme zeichnen sich immer durch ein klares visuelles Konzept aus; und weil er gern ohne Proben arbeitet, zeigen Schauspieler bei ihm oft auch mal andere Seiten. Aber Andreas Hoppe wird wohl nie ein glaubwürdiger Halbitaliener und wirkt nach wie vor mitunter hölzern; und auch Ulrike Folkerts klingt nach über 25 "Tatort"-Dienstjahren bei Dialogen gelegentlich immer noch wie eine Darstellerin. Rundum überzeugend ist im Grunde nur Lisa Bitter.

Wenn "Du gehörst mir" dennoch sehenswert ist, liegt das vor allem an Ästhetik und Akustik. Die Bilder wirken wie ausgewaschen (Kamera: Jürgen Carle, Christoph Schmitz). Der Film ist im Sommer gedreht worden, aber das oftmals gleißend helle Licht verbreitet keinerlei Wärme. Prägend für den speziellen Stil des Films sind auch die vielen kurzen Videos, die Evelyn, die dickliche Freundin der vergewaltigten Frau, mit ihrem Smartphone gedreht hat; die Aufnahmen stammen tatsächlich von Evelyn-Darstellerin Lili Fichtner. Sie zeigen Marie beim Proben oder im Alltag und sorgen dafür, dass die komatöse Tänzerin lebendig wird. Auch wenn die attraktive Elisa Afie Agbaglah den Großteil der Dreharbeiten bewegungslos im Krankenhausbett verbringen musste: Dank der Videos hinterlässt sie in ihrer ersten Filmrolle einen ausgezeichneten Eindruck.

Interessant ist auch die Musik, zumal die Kompositionen von Matthias Klein großen Einfluss auf die Atmosphäre haben. Noch wesentlicher für die Stimmung ist jedoch ein Rap-Song: Zum Kreis der Verdächtigen gehört auch der offenbar unsterblich in Marie verliebte Rapper El Macho (Matthias Weidenhöfer), der mit Marie ein Video gedreht hat, das sich durch den gesamten Film zieht. Der entsprechende Song ist von MC Sesman und enthält im Hintergrund das berühmte Motiv aus "Schwanensee", das natürlich perfekt zu Marie passt. Die Beziehung zwischen der Schönen und dem Biest (so lautet die Überschrift eines Artikels über das ungleiche Paar) ist ungleich origineller als das seltsame und insgesamt recht realitätsfern anmutende Gebaren des Ermittlertrios. Immerhin nimmt sich Richter angemessen viel Zeit für den Abschied von Marie, als die Ärzte ihrer Mutter (bewegend und überzeugend von Sandra Nedeleff verkörpert) am Ende raten, die lebenserhaltenden Geräte abzustellen.