Verdacht der Volksverhetzung bei Karnevalsumzügen

Verdacht der Volksverhetzung bei Karnevalsumzügen
Nach den Karnevalsumzügen im oberbayerischen Steinkirchen sowie im südthüringischen Wasungen ermitteln Staatsanwälte wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Bei dem Umzug in Steinkirchen war am Sonntag ein als Panzer dekorierter Wagen mit den Aufschriften "Ilmtaler Asylabwehr" und "Asylpaket III" durch die Straßen gerollt. In Wasungen wurde am Samstag ein "Balkan-Express" präsentiert, an dessen Spitze auf der Dampflok "Die Ploach kömmt" ("Die Plage kommt") zu lesen war. Begleitet wurde der Wagen von Narren, die sich als Heuschrecken verkleidet hatten.

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ingolstadt sagte, nach dem Umzug in Steinkirchen sei ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beteiligte und Verantwortliche für die Gestaltung des Motivwagens eingeleitet worden. Bei der Polizei gingen mehrere Anzeigen ein, wie ein Polizeisprecher sagte. Der Oberilmtaler Carnevals-Verein (OCV Steinkirchen) wollte noch im Laufe des Montags eine Stellungnahme abgeben.

Fremdenfeindlicher oder geschichtlicher Hintergrund?

Dessen Vorsitzender Tobias Winkelmeier hatte laut Medienberichten erklärt, dass die örtliche Polizei den Panzerwagen abgenommen habe. Das Gefährt sei bereits beim "Gaudiwurm" im vergangenen Jahr unterwegs gewesen. Am Umzug hätten sich auch Asylbewerber beteiligt, der OVC sei nicht fremdenfeindlich. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wollte sich zur Abnahme vor Ort nicht äußern. Er verwies darauf, dass die Polizei sei nicht für inhaltliche Aussagen verantwortlich sei.

In Thüringen leitete die Staatsanwaltschaft Meiningen nach eigenen Angaben am Montag wegen des Verdachts auf Volksverhetzung von sich aus einen Prüfvorgang zum Wasunger "Balkan-Express" ein. Auf epd-Anfrage erklärte die Behörde, es sei zudem eine Strafanzeige eingegangen.

Der Präsident des Landesverbandes Thüringer Karnevalsvereine, Michael Danz, kritisierte insbesondere die Darstellung einer Plage. Der "Thüringischen Landeszeitung" (Montagsausgabe) sagte Danz, der Verband werde in Ruhe mit der Zuggruppe sprechen und sich darstellen lassen, "wie sie das gemeint hat". Der Wasunger Wagenbauer wies laut "bild.de" den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit zurück. Das Motiv habe für ihn einen geschichtlichen Hintergrund und solle an das 100. Jubiläum der ersten Fahrt des sogenannten Balkanzugs erinnern. Eine Erklärung, was an der Darstellung karnevalistisch sei, gab er nicht.

Keine Stellungnahme von Altenberger Bürgermeister

Auch im Ortsteil Geising in der sächsischen Gemeinde Altenberg sollen beim Straßenkarneval am Sonntag fremdenfeindliche Darstellungen zu sehen gewesen sein. Unter anderem wurde laut der Initiative "Straßengezwitscher", die regelmäßig kritisch über rechte Umtriebe in Sachsen berichtet, ein Tipi-Zelt zur Schau gestellt, das die Aufschrift trug: "Die Indianer konnten nichts gegen die Einwanderung tun. Heute leben sie in Reservaten". Auf einem weiteren Wagen war "Lieber Rothaut statt Braunhaut" zu lesen. Ein Mann in Lumpen trug zudem ein Schild, auf dem "Bettelarm im eigenen Land, ach wäre ich doch nur e' Migrant" geschrieben war.

Die Initiative "Straßengezwitscher" veröffentlichte entsprechende Fotos über den Kurznachrichtendienst Twitter. Auf epd-Anfrage teilten die Aktivisten mit, die Bilder über die Facebook-Seite der selbst ernannten "Bürgerwehr Altenberg und Ortsteile" bekommen zu haben. Der Bürgermeister von Altenberg, der der "Bürgerwehr" zufolge auch vor Ort war, war am Montag für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Bei der zuständigen Polizeidirektion Dresden und auch bei der Dresdner Staatsanwaltschaft waren am Montagmittag noch keine Anzeigen wegen des Faschingsumzuges in Altenberg eingegangen. Die Staatsanwaltschaft habe auch bislang von sich aus noch keine Prüfung eingeleitet, sagte ein Sprecher auf epd-Anfrage.