Weltflüchtlingstag: Verbände fordern solidarische Asylpolitik

Weltflüchtlingstag: Verbände fordern solidarische Asylpolitik
Legale Fluchtwege, eine umfassende Seenotrettung und bessere Startchancen: Die Flüchtlingspolitik muss grundlegend neu ausgerichtet werden, fordert ein Bündnis aus Flüchtlingshelfern, Sozialverbänden und Juristen zum Weltflüchtlingstag am Samstag.

Zum Weltflüchtlingstag an diesem Samstag fordert ein Bündnis aus Flüchtlingsorganisationen, Sozialverbänden und Juristen in Deutschland eine grundlegende Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik. Die Unterzeichner, zu denen "Pro Asyl", die Diakonie, der Paritätische Wohlfahrtsverband und Juristenvereinigungen gehören, fordern, dass Asylsuchende sich das Zufluchtsland in der Europäischen Union frei aussuchen und dort Asyl beantragen können sollen. Mitgliedsländer, die besonders viele Flüchtlinge aufnehmen, sollen den Vorstellungen der Verbände zufolge durch einen EU-Ausgleichsfonds finanziell unterstützt werden.

Die Organisationen sprechen sich damit gegen die derzeitige Debatte um Verteilschlüssel und Quoten aus. Sie sehen das europäische Asylsystem in der Krise. Die Situation der Flüchtlinge in mehreren EU-Ländern sei "unerträglich". Insbesondere in Griechenland, Italien, Ungarn und Bulgarien würden Asylsuchende zu Obdachlosen gemacht und misshandelt.

Bisher 100.000 Bootsflüchtlinge

Nach dem Dublin-Übereinkommen müssen Flüchtlinge in der EU dort ihren Asylantrag stellen, wo sie ankommen. Viele reisen aber weiter. Nach UN-Angaben sind in den ersten fünf Monaten dieses Jahres allein 100.000 Bootsflüchtlinge in Griechenland und Italien angekommen. Die Bundesrepublik rechnet in diesem Jahr mit mindestens 450.000 Flüchtlingen.

"Ärzte ohne Grenzen" appellierte an die EU-Staaten, legale Fluchtwege nach Europa zu schaffen und eine umfassende Seenotrettung im Mittelmeer zu gewährleisten. "Menschen, die fliehen müssen, müssen fliehen können", sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion des Hilfswerks, Florian Westphal. "Sie entscheiden sich zur Flucht, weil sie in ihren Heimatländern um ihr Leben fürchten müssen." Weitere Todesfälle zu vermeiden müsse Priorität haben. "Das Mittelmeer ist ein Massengrab geworden, und wir können nicht weiter zuschauen."

Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, erklärte, eine Verteilung der Flüchtlinge in Europa nach starren Quoten werde nicht funktionieren. Er forderte ein solidarisches und gerechtes europäisches Asylsystem, das die Rechte der Flüchtlinge ebenso achte wie die Interessen der Mitgliedsstaaten.

Einer Umfrage zufolge wünschen sich zwei Drittel der Deutschen bessere Startchancen für Flüchtlingskinder. Das Deutsche Kinderhilfswerk teilte mit, 67 Prozent der Befragten seien der Ansicht, dass alle Kinder, die in Deutschland leben, die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben sollten. Es berief sich auf eine repräsentative Umfrage von infratest dimap. Ein knappes Drittel der Befragten (31 Prozent) ist dagegen der Meinung, Flüchtlingskinder sollten nicht sofort die gleichen Möglichkeiten erhalten.

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, forderte Bund und Länder auf, die Diskriminierung von Flüchtlingskindern in Deutschland zu beenden. Das Asylbewerberleistungsgesetz grenze Flüchtlingskinder systematisch aus und gefährde das Kindeswohl. Damit widerspreche es der UN-Kinderrechtskonvention und den Grundgedanken des Kinder- und Jugendhilfegesetzes.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte forderte die Bundesregierung auf, sich für eine an den Menschenrechten orientierte EU-Flüchtlingspolitik einzusetzen. Die Pläne Ungarns, eine Grenze mit hohen Zäunen abzuriegeln, wie auch die Pläne der EU, die Grenzen Europas in Libyen mit militärischen Mitteln zu sichern, gingen völlig in die falsche Richtung.

Not in südlichen Ländern

Die Exekutivdirektorin des Welternährungsprogramms, Ertharin Cousin, erinnerte an die Not der Gemeinden, die in den Ländern des Südens unter großen Anstrengungen Flüchtlinge aufnähmen. "Die Not der Betroffenen stellt die vorhandenen Hilfsmittel zunehmend in den Schatten und wird nicht nur zur finanziellen, sondern vor allem auch moralischen Herausforderung für die internationale Gemeinschaft", betonten sie in Genf.