Bsirske: Kirchliches Arbeitsrecht nicht mehr tragbar

Der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, spricht bei einer Pressekonferenz.
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Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di.
Bsirske: Kirchliches Arbeitsrecht nicht mehr tragbar
Ver.di-Chef Frank Bsirske hat das kirchliche Arbeitsrecht als nicht weiter tragbar bezeichnet.

Die beiden christlichen Kirchen in Deutschland dürften nicht weiterhin ihren über eine Million Beschäftigten das Streikrecht verweigern, forderte er am Montagabend in Duisburg beim zweiten Kirchlichen Dienstgebertag des bundesweiten Unternehmerverbandes Soziale Dienste und Bildung. "Der Dritte Weg der Kirchen ist für uns keine akzeptable Alternative", sagte Bsirske.

Der Diözesan-Caritasdirektor im Bistum Essen, Andreas Meiwes, und der Hauptgeschäftsführer der St. Elisabeth-Stiftung Essen, Heinz Diste, wiesen die Kritik des ver.di-Chefs in der Diskussionsveranstaltung zurück. Zugleich sprachen sie sich dafür aus, die Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts ständig zu überprüfen und anzupassen.

Das Bundesarbeitsgericht hatte in einem Grundsatzurteil im November 2012 das kirchliche Arbeitsrecht und das darin enthaltene Streikverbot grundsätzlich bestätigt, aber an Bedingungen geknüpft. Dagegen hat ver.di Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde. Sollten die Karlsruher Richter die Beschwerde nicht zulassen, wolle die Gewerkschaft den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.

Der ver.di-Vorsitzende Bsirske räumte ein, dass es das grundgesetzlich verbriefte Recht der Kirchen sei, ihre inneren Angelegenheiten alleine zu regeln. Entlohnung, Arbeitsrecht und Arbeitszeit seien aber keine kircheneigenen, sondern allgemeine Angelegenheiten. Als gangbaren Weg bezeichnete Bsirske den im Herbst vergangenen Jahres erzielten Tarifabschluss zwischen seiner Gewerkschaft und zwei großen diakonischen Trägern in Niedersachsen. In den Verhandlungen sei die Grundsatzfrage des Streikrechts bewusst offengelassen worden.

In den beiden großen Kirchen gilt im Arbeitsrecht der sogenannte Dritte Weg. Im Unterschied zum Tarifvertragssystem werden Löhne und Gehälter bei den Kirchen in Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt, die mit Vertretern der Dienstnehmer- und der Dienstgeberseite paritätisch besetzt sind. Gibt es keine Einigung, entscheidet eine Schiedskommission. Streiks und Aussperrungen sind beim Dritten Weg verboten.

Rechtliche Grundlage des kirchlichen Arbeitsrechts ist das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände sind mit rund 1,3 Millionen Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Deutschland nach dem Staat.