Schwarze Titelblätter für "Charlie Hebdo"

Foto: dpa/Kay Nietfeld
Schwarze Titelblätter für "Charlie Hebdo"
Karikaturen, schwarze Titelseiten, großformatige Bilder und entsetzte Kommentare prägten am Donnerstag die Titelblätter der deutschen Tageszeitungen. Der Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" wird als Angriff auf die Pressefreiheit gewertet.

Viele deutsche Tageszeitungen haben sich demonstrativ mit dem französischen Satiremagazin "Charlie Hebdo" solidarisiert. In ihren Donnerstagsausgaben druckten die "Berliner Zeitung", der "Tagesspiegel", das "Neue Deutschland" und der "Berliner Kurier" Karikaturen oder Aufmacherseiten der Satirezeitschrift ab. Das Boulevard-Blatt "B.Z." zeigte mehr als 40 Titelblätter von "Charlie Hebdo".

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Die "Berliner Morgenpost", die "Frankfurter Rundschau" und die "Bild"-Zeitung veröffentlichten geschwärzte Titelseiten und publizierten aus Solidarität mit dem Magazin das Bekenntnis "Je suis Charlie" ("Ich bin Charlie"). Viele Redaktionen hatten zudem ihre Mitarbeiter zu einer Schweigeminute am Donnerstag um 12 Uhr aufgerufen. Auch das Titelblatt der "tageszeitung" wurde geschwärzt, die obere Hälfte der Rückseite blieb bis auf die Bekundung "Vive la vérité!" ("Es lebe die Wahrheit") leer.

Am Mittwoch hatten schwer bewaffnete Männer die Redaktion von "Charlie Hebdo" in Paris überfallen und um sich geschossen. Dabei wurden zwölf Menschen getötet und elf verletzt. Die Zeitschrift hatte in der Vergangenheit mehrmals Mohammed-Karikaturen gedruckt.

Die Titelseiten der beiden überregionalen Tageszeitungen "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und "Süddeutsche Zeitung" behandelten die Anschläge weniger plakativ als die in Berlin ansässigen Medien. Beide Zeitungen zeigten Bilder des Fluchtwagens und nahmen in Kommentaren Stellung zu dem Pariser Anschlag. Auf den nächsten Seiten folgten Karikaturen aus "Charlie Hebdo" und Portraits der getöteten Journalisten. Viele Lokalzeitungen reagierten in ähnlicher Weise.

Das deutsche Satiremagazin "Titanic" antwortete am Mittwoch mit schwarzem Humor auf seiner Website: "TERRORHINWEIS: Für 16 Uhr ist in der TITANIC-Redaktion eine Pressekonferenz angesetzt, bei der RTL, Hessischer Rundfunk, Frankfurter Rundschau und sämtliche weitere Privat- und Systemmedien anwesend sind. Für Terroristen bietet sich hier die Möglichkeit, nicht nur eine Satireredaktion auszulöschen, sondern auch die gesamte deutsche Lügenpresse. Es gibt Schnittchen (hinterher)!" Durch den Anschlag wolle das Magazin sich nicht einschüchtern lassen, sagte Chefredakteur Tim Wolff im Hessischen Rundfunk. Der Islam werde neben den anderen Religionen auch weiterhin ein Thema des Satiremagazins bleiben.

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Der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, hatte sich für möglichst viele Abdrucke der "Charlie Hebdo"-Karikaturen ausgesprochen. "Die Satire muss verteidigt werden als elementarer Bestandteil unserer Auffassung von Meinungsfreiheit", sagte Staeck der "Berliner Zeitung" (Donnerstagsausgabe): "Würden wir sie nicht drucken, hätten die Mörder recht behalten." Wichtig sei, dass möglichst viele Zeitungen gemeinsam Karikaturen abdrucken. Streit über den Schutz und die Verletzungen der religiösen Gefühle müsse jedoch vor Gericht ausgetragen werden, betonte Staeck: "Aber niemals mit der Waffe!"

Der ehemalige Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert begrüßte im Deutschlandradio die "großartige Solidaritätsbekundung" durch Presse und Bevölkerung. Die gesellschaftlichen Probleme in Frankreich dürften darüber aber nicht vergessen werden. Die traditionelle französische Gesellschaft gehe schlecht mit ihren muslimischen Einwanderern um, die in den Ghettos der Hochhaussiedlungen leben müssten. Wickert mahnte zu Besonnenheit: Man könne nun nicht mit harten Maßnahmen durchgreifen und das ganze Land militarisieren.

Die nächste Ausgabe von "Charlie Hebdo" ist bereits in Planung. Der staatliche Rundfunk und die Tageszeitung "Le Monde" haben angeboten, das nötige Personal zur Verfügung zu stellen.