Deutsch-französisches Gedenken an Nebenkriegsschauplatz

Foto: dpa/Rolf Haid
Soldatenfriedhof der Gedenkstätte auf dem Hartmannsweilerkopf in Cernay
Deutsch-französisches Gedenken an Nebenkriegsschauplatz
Zwischen 1914 und 1918 kamen am Hartmannsweilerkopf 30.000 französische und deutsche Soldaten ums Leben. Am 3. August wollen die Präsidenten Frankreichs und Deutschlands auf der Vogesenhöhe des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren gedenken. In Gunsbach findet am selben Tag ein europäischer Gedenkgottesdienst statt.
02.08.2014
epd
Rainer Clos

Ungeachtet sommerlicher Hitze sind die Bauarbeiter auf dem Hartmannsweilerkopf Anfang Juli noch kräftig zu Gange. Einen Steinwurf entfernt von der französischen Gedenkstätte, die an die heftigen Kämpfe in den südelsässischen Vogesen im Ersten Weltkrieg erinnert, schaffen sie Platz für ein "Leuchtturmprojekt", wie Jean Klinkert, Vizepräsident des französischen Komitees Hartmannsweilerkopf sagt.

In den nächsten Jahren soll die 1932 eingeweihte Gedenkstätte um ein "Historial" erweitert werden. Laut Klinkert markiert das geplante deutsch-französische Erinnerungszentrum eine Premiere. Von dem binational konzipierten Projekt könnte eine Botschaft für die deutsch-französische Versöhnung und den Frieden in Europa ausgehen.

Krypta mit drei Altären: katholisch, evangelisch, jüdisch

Nach der Gedenkzeremonie am Mahnmal Hartmannsweilerkopf werden am 3. August Bundespräsident Joachim Gauck und Frankreichs Präsident François Hollande den Grundstein für das Erinnerungszentrum legen. In dem Neubau mit 750 Quadratmetern soll eine Dauerausstellung über die Geschichte des Reichslandes Elsass-Lothringen von 1871-1919, über die Kämpfe am sogenannten Menschenfresserberg und an anderen Orten der Vogesenfront sowie die Lebensumstände von Soldaten und Zivilisten im Kriegsalltag informieren.

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Die Kosten sind mit 3,5 Millionen Euro veranschlagt, die überwiegend von Frankreich aufgebracht werden. Die Einweihung wird zum 11. November 2016, dem 98. Jahrestag des Waffenstillstands, angestrebt. Im Frühjahr 2017 soll das Museum eröffnet werden. Mit mehr als 70.000 Besuchern jährlich werde gerechnet, sagt Klinkert, der um Vorbehalte auf deutscher Seite gegen den Begriff "Erinnerungstourismus" weiß. Von den 250.000 Besuchern, die bisher jedes Jahr zwischen Ostern und Allerheiligen am Hartmannsweilerkopf Station machen, kommt die Hälfte aus Deutschland, weiß Gilbert Wagner, der an diesem Julitag Gruppen aus Baden und der Schweiz über das Schlachtfeld führt.

In einer ersten Phase wurde seit 2009 das Monument, eine von vier nationalen Gedenkstätten für den Ersten Weltkrieg in Frankreich, renoviert. Neben den französischen Einheiten, die um den Hartmannsweilerkopf gekämpft haben, würden nun auch die deutschen Regimenter auf vier Tafeln im Eingangsbereich der Krypta aufgeführt, sagt Klinkert. Zentrum der unterirdischen Krypta ist ein großes Bronzeschild mit der Aufschrift "patrie", unter der die Gebeine von mehreren tausend unbekannten Soldaten beigesetzt sind.

An den Seiten der Krypta gibt es drei Altäre, links und rechts einen evangelischen und jüdischen Schrein, in der Mitte einen katholischen Altar, überragt von einer Jungfrau mit Kind. Auf dem sogenannten vaterländischen Altar über der Krypta sind in vergoldeter Bronze Namen und Wappen von zwölf französischen Städten angebracht, die sich am Bau des Nationaldenkmal beteiligten. Überragt wird das bauliche Ensemble und der angrenzende Soldatenfriedhof mit Kreuzen für 1.264 französische Gefallene von einer Trikolore, neben der zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs erstmals auch die deutsche und europäische Flagge gehisst werden sollen.

An der Westfront des Ersten Weltkriegs, die sich über 700 Kilometer von Flandern bis zur Schweiz erstreckte, galten die Vogesen eher als Nebenkriegsschauplatz, an dem strategische Geländegewinne kaum zu erwarten waren. Dennoch war die 956 Meter hohe Bergkuppe in den Südvogesen von mehr als 6.000 militärischen Befestigungen übersät, von denen die Hälfte erhalten ist: Stollen, Bunker, Gefechtsstände, Versorgungsräume, Fernsprechkabel, Stromleitungen und 90 Kilometer Schützengräben.

Elsässer kämpften in deutscher Uniform

Trotz immer neuer Offensiven, die vor allem 1915/1916 zu hohen Verlusten führten, gelang keiner Seite ein Durchbruch. Relikte des erstarrten Stellungskrieges wie Verhaue aus Stacheldraht, Granattrichter, Laufgräben und Unterstände mit Inschriften sind noch zu sehen.

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Ein pädagogischer Lehrpfad über 4,5 Kilometer mit dreisprachigen Hinweistafeln soll künftig auf dem inzwischen wieder bewaldeten, 40 Hektar großen Areal über die Überreste der Frontlinien informieren. Anfang Juli müssen die Besucher noch mit wenigen Schildern auskommen. Orientierung bietet ein über die Bäume ragendes 20 Meter hohes "Friedenskreuz", das 1936 errichtet wurde.

Nur wenige Schritte entfernt von einem 1997 gepflanzten, noch recht kümmerlichen Friedensbäumchen ragt ein weiteres Kreuz auf: Es erinnert an die rund 18.000 Elsässer, die auf französischer Seite kämpften. Dass das Gedenken an 250.000 Elsässer, die seit 1871 Deutsche waren und daher im Ersten Weltkrieg in deutscher Uniform kämpften, schwieriger ist, illustriert schon das Totengedenken, beobachtet der elsässische Publizist und Theologe Martin Graff. 

In Elsass-Lothringen kam es 1914 als einzigem Gebiet im Deutschen Reich zu Kriegshandlungen. Das Kriegerdenkmal in der Gemeinde Uffholtz am Fuße des Hartmannsweilerkopfs erinnert denn auch neutral an die Opfer des Krieges und nicht an die für das Vaterland Gefallenen. Im Ersten Weltkrieg, für Frankreich noch immer der "Große Krieg", verzeichnete Uffholtz mehr Opfer als im Zweiten Weltkrieg.