Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. Ein kleiner geschotterter Wanderweg führt vorbei an weiten hügeligen Wiesen, darauf vereinzelte dichte Büsche. Dahinter beginnt in der Ferne der Wald. Diese Landschaft trägt den Namen "Kegelspiel". Sie ist eines der Aushängeschilder der osthessischen Region Rhön und ein UNESCO-Biosphären-Reservat. Auf dem Weinberg, nicht weit weg vom Ort Hünfeld, findet man, mitten in diesem Postkarten-Idyll, 500 weitere Wahrzeichen der Region: Rhönschafe. Die Verantwortung für diese Herde liegt allein bei einem Mann: Elmar Spieß. Seit 46 Jahren ist er Schäfer. Angefangen hat alles mit zwei Schafen, die er geschenkt bekam. "Heute haben sich die Schafe so weit entwickelt, dass es jetzt 1200 Stück sind ", verrät Spieß.
Von Mai bis Januar weiden Elmars Rhön-, Suffolk- und Schwarzkopfschafe zusammen mit Ziegen auf insgesamt 160 Hektar des Naturschutzgebiets und pflegen so die sogenannten "Magerrasenflächen". Das sorgt dafür, dass besondere Pflanzenarten besser wachsen. "Meine Tiere betreiben hier Landschaftspflege. Die Schafe halten die Gräser kurz, die Ziegen wiederum fressen die Büsche ab. Dann gedeihen hier zum Beispiel mehr Orchideen."
Schäferalltag
Ein typischer Arbeitstag beginnt für Elmar Spieß früh: "Um 7:30 fange ich an. Ich nehme meine Hunde Kessi und Nero mit, packe mein Frühstück ein und fahre raus zu den Schafen." Die Tiere übernachten geschützt in einem großen Pferch. "Ich schaue mir die Herde morgens erstmal an und achte darauf ob ich etwas auffälliges Bemerke." Ist aber alles in Ordnung kann es losgehen. "Dann öffne ich das Tor und wir ziehen zusammen auf den Berg rauf." Dass ihm "seine Schäfchen", wie er sie nennt, folgen, ist eines der schönsten Gefühle für einen Schäfer, sagt Spieß, "Das macht einen einfach stolz". Menschen vermisse er bei seiner Arbeit nicht. "So ein Schaf ist einfach Erholung, ich suche den Ausgleich bei meinen Tieren."
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Schäfer haben die Ruhe weg
Oben auf dem Weinberg angekommen, vertraue Spieß darauf, dass seine Schafe ihm den Rhythmus vorgeben. "Ein guter Schäfer hat die Ruhe, er wartet auf seine Tiere und bleibt geduldig." Wann es Zeit ist, die Tiere zum Wasser zu bringen, damit sie trinken können oder wann sie weiter ziehen, habe man außerdem irgendwann im Gefühl, sagt Spieß. "Mit Tieren kann man gut kommunizieren, fast noch besser als mit Menschen." Seine einzigen "Kollegen" sind seine altdeutschen Hütehunde. Spieß hat die Tiere selbst ausgebildet. Immer wieder lässt der Schäfer seine Hunde, die Schafherde "kippen". Das "Kippen" beschreibt dabei ein Manöver, bei dem der Hund die Schafsherde zu einem Richtungswechsel antreibt, welcher dafür sorgt, dass die Schafe enger zusammenstehen.
In der Zeit zwischen diesen Manövern hat man bestens die Möglichkeit, die Gedanken schweifen zu lassen, sagt Spieß. "Es geht einem viel durch den Kopf, wenn man allein hier oben ist. Ich denke oft an meine Familie oder an verstorbene Schäfer, die schon nicht mehr unter uns sind." Trotzdem versucht er nicht zu melancholisch zu werden: "Man muss sich auch ein bisschen den Kopf frei machen. Dann hört man mal den Vögeln zu oder sieht ein Feldhäschen und dann geht das schon."
Abschalten und Loslassen – mit Schafen ganz leicht
Genau das sei es, was Menschen von Schäfern lernen können, meint Spieß. "Die Menschen müssen ein bisschen mehr zufrieden sein. Wir Schäfer sind Gemütsmenschen, wir sitzen auf unserem Stein, schauen in die Welt hinein und warten ab."
Tatsächlich nimmt Spieß hin und wieder gestresste Städter*innen mit zu seinen Schafen. "Die Menschen kommen von sich aus auf mich zu, fragen mich, ob sie mal zwei oder drei Tage mitkommen können." Eine Flucht aus der Hektik.
Elmar Spieß und seine Schafe entschleunigen die Menschen aus der Stadt dann recht schnell, indem sie die Besucher an ihrem Alltag teilhaben lassen. Spieß bringt seinen Besuchern die Mentalität der Schäfer näher. Die eigenen Gedanken loszulassen und Ruhe zu genießen. Was klingt wie Urlaub, ist tatsächlich oft gar nicht einfach.
Neustart als Schäferin
Für die einen Gäste ist es nur ein Wochenende im Grünen. Für andere verändert die Erfahrung mit den Schafen das gesamte Leben: "Ich habe schon mal eine Frau mit hier nach oben genommen, die hat mit über 40 Jahren ihren Job hingeschmissen und hat den Beruf der Schäferin gelernt." Die Begründung für diesen Schritt kennt Elmar Spieß noch ganz genau: "Sie hat das damals gemacht, weil es ihr einfach so gutgetan hat."
Kannst du dir vorstellen, auch einfach alles hinter dir zu lassen und Schäfer*in zu werden? Oder klingt das doch zu einsam und eintönig? Schreib uns gerne deine Antwort auf die Frage über unsere Social-Media-Kanäle.
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