Internationale Kritik an Israels Siedlungsbau

Internationale Kritik an Israels Siedlungsbau
Mit scharfer Kritik haben Deutschland, die EU und die USA auf neue Siedlungsgenehmigungen Israels reagiert. Die Regierung stimmte dem Bau von 1.100 neuen Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems zu. Von palästinensischer Seite hieß es, dies sei eine Ohrfeige für die Friedensbemühungen.

Die Baugenehmigung für 1.100 Wohnungen in Ostjerusalem ist von westlichen Verbündeten Israels und den Palästinensern kritisiert worden. Das Weiße Haus ist nach den Worten von Sprecher Jay Carney "zutiefst enttäuscht" über die Baupläne. "Wir haben stets die Auffassung vertreten, dass jede Seite im Disput zwischen den Palästinensern und Israelis Schritte unternehmen sollte, die sie direkten Verhandlungen über die Fragen näherbringen, die einem palästinensischen Staat und einem sicheren jüdischen Staat Israel im Wege stehen", sagte Carney am Dienstag. "Wenn eine Partei einseitige Maßnahmen ergreift, dann lässt sich das schwerer erreichen."

"Ohrfeige für die internationalen Friedensbemühungen"

"Wir sind zutiefst enttäuscht", sagte auch die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, in Washington. "Das steht unseren Bemühungen entgegen, die Verhandlungen zwischen beiden Parteien wieder aufzunehmen."

Israel hatte am Dienstag grünes Licht für den Bau von 1.100 Wohnungen in Ostjerusalem gegeben. Sie sollten gemäß einer Entscheidung der Planungsbehörde in Jerusalems Stadtteil Gilo errichtet werden, teilte das Innenministerium mit. Israel hatte das Gebiet im Sechstagekrieg 1967 erobert und später annektiert.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sprach von einer "Ohrfeige für die internationalen Friedensbemühungen". "Israel hat auf den Vorschlag des Nahost-Quartetts mit 1.100 Neins reagiert", hieß es in der schriftlichen Stellungnahme Erekats. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe alle bloßgestellt, die in Israel einen Friedenspartner gesehen hätten.

Israel düpiert mit Siedlungsprojekt Verbündete

EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton äußerte tiefes Bedauern und forderte Israel auf, den Plan zu überdenken. Die Siedlungspolitik gefährde eine Zwei-Staaten-Lösung für Israel und die Palästinenser. "Dies (Projekt) sendet das falsche Signal zur falschen Zeit", heißt es in einer Erklärung des Sprechers von UN-Sonderkoordinator Robert Serry.

Besorgt reagierte auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Die heutigen Ankündigungen stehen nicht im Einklang mit dem Geist der Erklärung des Nahost-Quartetts. Gerade in der gegenwärtigen Situation sollte nichts getan werden, was die Wiederaufnahme von Verhandlungen behindern könnte", sagte Westerwelle nach Angaben eines Sprechers.

Siedlungsstopp Bedingung für Friedensgespräche

Das Nahost-Quartett aus USA, Russland, Vereinten Nationen und Europäischer Union bemüht sich zurzeit intensiv, Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bekommen. Allerdings macht Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland und in Ostjerusalem zur Vorbedingung. Die Palästinenser wollen in Ostjerusalem die Hauptstadt eines unabhängigen Staates ausrufen. Israel aber beansprucht Jerusalem als seine "ewige und unteilbare" Hauptstadt.

Die israelische Regierung befürwortet den Vorschlag des Nahost-Quartetts für die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen mit den Palästinensern, berichtete die Zeitung "Haaretz" in der Nacht zum Mittwoch. Der Fahrplan sieht vor, dass Israel und die Palästinenser binnen eines Monats direkte Gespräche aufnehmen. Nach drei Monaten sollen beide Seiten Vorschläge für den Verlauf der Grenzen und Sicherheitsgarantien vorlegen. Und bis 2012 soll eine endgültige Übereinkunft erzielt worden sein.

"Nicht hinnehmbare Menschenrechtsverletzung"

Unterdessen warfen UN-Experten Israel vor, seit Jahresbeginn verstärkt palästinensische Häuser im Westjordanland und in Ostjerusalem abzureißen. Dies sei eine "nicht hinnehmbare Menschenrechtsverletzung", sagten sie vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Seit Januar seien im Westjordanland und in Ostjerusalem mindestens 387 Gebäude - darunter 140 Wohnhäuser - abgerissen worden. Dies habe zur Vertreibung von 755 Palästinensern geführt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien mehr Menschen vertrieben worden, als im ganzen Jahr 2010, erklärten die Experten.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hatte am Vortag erneut daran erinnert, dass die Vertreibung von Palästinensern durch Israel gemäß Artikel 49 der vierten Genfer Konvention völkerrechtswidrig ist. Auch die Annexion von Ostjerusalem und die israelischen Siedlungen dort seien völkerrechtswidrig und würden von den Vereinten Nationen nicht anerkannt.

dpa