Wo nachhaltiges Wirtschaften selbstverständlich ist

Wo nachhaltiges Wirtschaften selbstverständlich ist
Geld verdienen allein reicht so manchem Unternehmen nicht mehr. Der Neusser Technologiekonzern 3M etwa ist stolz darauf, bereits seit langem auf Nachhaltigkeit Wert zu legen.
10.07.2011
Von Silvia M. Bergmann

"Grün" soll der Umsatz sein, sozial gerecht verdient und umweltschonend noch dazu. Tue Gutes und rede darüber, das gilt heute mehr denn je. Doch ganz neu ist dieser Ansatz nicht. Vorbildliches Engagement für Mensch und Umwelt gab es auch schon, bevor Nachhaltigkeit als Unternehmensphilosophie in Mode kam.

"Der respektvolle und tolerante Umgang mit Menschen ist schon seit den 1940er Jahren Teil unserer Unternehmenskultur." Marion Wenges Aussage überrascht: Denn eigentlich gilt Nachhaltigkeit als vergleichsweise junge Disziplin. Wenge verantwortet den Bereich Nachhaltigkeit beim Neusser Technologiekonzern 3M. "Bei uns gelten die drei Säulen, die inzwischen einhellig als Nachhaltigkeitssäulen gesehen werden." Gemeint sind der Schutz der Umwelt, die soziale Verantwortung, sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch gegenüber der Gesellschaft, und ökonomischer Erfolg.

Diese lange Tradition mag ein Grund dafür sein, dass der Technologieriese 2011 vom Beratungsunternehmen "Great Place to Work" zum besten Arbeitgeber seiner Größe gekürt wurde. Auch den Schutz der Umwelt kennt man bei 3M nicht erst seit Entdeckung der Nachhaltigkeit als marketingwirksamen Schlüsselbegriff: Seit 1975 gebe es unter dem Leitgedanken "Umweltschutz zahlt sich aus" ein Programm, das Mitarbeiter für die ökologischen Aspekte ihrer Arbeit sensibilisieren soll, erläutert Wenge.

Softwareschmiede mit ethischem Anspruch

Eine so lange Tradition wie in Neuss kann man in Walldorf nicht vorweisen: Den Softwarekonzern SAP gibt es erst seit 1972. Daniel Schmid, Leiter Nachhaltigkeit, spricht vom Umdenken im Unternehmen. "Von 2007 bis Ende letzten Jahres haben wir unsere Treibhausgasemission durch energiesparende Maßnahmen in unseren Gebäuden und Rechenzentren um 25 Prozent reduziert und gleichzeitig Kosten gespart." Und das, obwohl Nachhaltigkeit erst 2008 offiziell zur Unternehmensstrategie bei SAP erhoben - und Schmids Posten erst 2009 eingerichtet wurde.

Firmen, die im globalen Wettbewerb bestehen wollen, müssen ihre Ausgaben laufend reduzieren, das ist nicht neu. Die Energiekosten zu senken, ist zwar nur eine Möglichkeit von vielen, die Ausgaben zu drücken. Aber eine, die sich im Kielwasser von Nachhaltigkeit besonders gut vermarkten lässt.

Für SAP hat sich der Einsatz für den guten Zweck gelohnt. Die Walldorfer wurden von oekom research, einer Rating-Agentur mit dem Fokus auf verantwortungsvolles Investment, zum nachhaltigsten Unternehmen 2011 unter den DAX 30 gewählt, also unter den 30 größten und umsatzstärksten im Aktienindex DAX gelisteten Konzernen.

"Nicht auf Kosten künftiger Generationen"

"Nachhaltigkeit kann man damit übersetzen, nicht auf Kosten zukünftiger Generationen zu wirtschaften", erklärt Bernhard Bauske, der beim WWF die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft verantwortet. Solche Kooperationen sind beim WWF nicht neu. Sie gibt es nicht erst, seit Unternehmen ihre soziale Verantwortung entdeckt haben und etwa zum Beleg ihres Tuns Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Bereits 1961, im Jahr der Gründung des WWF, gehörten Industrielle zu den Mitgliedern, die sich den Schutz der Umwelt auf die Fahnen schrieben.

Nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten hinterlassen zu wollen, sei nicht nur Leitgedanke des WWF, sagt Andreas Suchanek, Professor für Wirtschaftsethik an der Handelshochschule Leipzig: "Diese Vision ist bereits seit der Veröffentlichung des Brundtland-Berichts 1987 auf der Agenda." Benannt nach der Vorsitzenden der durch die Vereinten Nationen 1983 eingesetzten Expertenkommission für Umwelt und Entwicklung, Gro Harlem Brundtland, prägt der Bericht das Konzept der "nachhaltigen Entwicklung" zugunsten künftiger Generationen. Nachhaltig sein zu wollen, ist demnach kein neuer Ansatz.

epd