ZDF fordert Änderungen am Staatsvertrag

ZDF fordert Änderungen am Staatsvertrag
Das ZDF fordert, dass gesellschaftliche Gruppen künftig ohne staatliche Bestätigung Vertreter in die Aufsichtsgremien des Senders entsenden können. Die derzeit vorgeschriebene Berufung durch die Ministerpräsidenten solle entfallen, heißt es in einer Stellungnahme, die das ZDF Ende Juni beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat und die dem epd vorliegt. Der Sender reagiert damit auf einen Normenkontrollantrag, den das Land Rheinland-Pfalz gegen den ZDF-Staatsvertrag gestellt hat.

In seiner Stellungnahme widerspricht das ZDF der Ansicht, dass bereits von der quantitativen Zusammensetzung der Gremien eine Gefahr für die Staatsferne des Senders ausgehe. Die relativ hohe Staatsquote in Fernsehrat und Verwaltungsrat sei durch den Charakter einer 16-Länder-Anstalt begründet und diene "der Unterstützung der übrigen Gremienvertreter durch hohen Sachverstand, hohe Verantwortlichkeiten und Effektivität der Entscheidungsfindung". Zudem gebe es durch unterschiedliche Interessen der politischen Vertreter eine föderale Brechung des Staatseinflusses.

Verbesserungen sind möglich

Allerdings könne die Staatsferne bei der Bestellung der Fernsehratsmitglieder verbessert werden, heißt es in der Stellungnahme, die die Bonner Kanzlei Redeker für das ZDF abgegeben hat. Neben dem Wegfall des staatlichen Bestätigungsaktes sollten die Bestimmungen für "gesellschaftliche Bereiche" wie Erziehungs- und Bildungswesen, Wissenschaft oder Kunst präzisiert werden, indem konkrete Institutionen mit eigenem Entsendungsrecht benannt würden.

Derzeit werden 72 der 77 Fernsehratsmitglieder mindestens indirekt von der Politik bestimmt. Zwar können die im Staatsvertrag genannten Verbände - wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger oder der Deutsche Olympische Sportbund - ihre Vertreter selbst vorschlagen. Berufen werden sie allerdings durch die Ministerpräsidenten. Lediglich die evangelische und die katholische Kirche sowie der Zentralrat der Juden können ihre Vertreter selbst entsenden.

Das ZDF regt außerdem Verfahrensänderungen für den Verwaltungsrat an. Derzeit muss das Gremium mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit zustimmen, wenn der Intendant einen neuen Chefredakteur, Programmdirektor oder Verwaltungsdirektor berufen will. Dies könne dahingehend geändert werden, dass der Verwaltungsrat einen Personalvorschlag lediglich mit Mehrheit ablehnen kann, schlägt der Sender vor. Für eine solche Ablehnung solle zudem eine Begründungspflicht statuiert werden.

CDU-Länder wollen keinen neuen Staatsvertrag

Bereits am Donnerstag war bekanntgeworden, dass sich die unionsgeführten Bundesländer beim Verfassungsgericht gegen Änderungen am ZDF-Staatsvertrag ausgesprochen haben. Durch die Zusammensetzung der ZDF-Gremien Fernsehrat und Verwaltungsrat werde der Grundsatz der Staatsferne nicht verletzt, erklärte die sächsische Staatskanzlei, die bei der Medienpolitik der Union federführend ist, am Donnerstag. Die Länder reagieren mit ihrer Stellungnahme, die am 30. Juni beim Verfassungsgericht abgegeben wurde, auf einen Normenkontrollantrag des Landes Rheinland-Pfalz. Politiker von SPD und Grünen kritisierten die Stellungnahme.

Die Zusammensetzung der ZDF-Gremien war Ende 2009 in die Kritik geraten, als der unionsdominierte ZDF-Verwaltungsrat eine Vertragsverlängerung für den damaligen Chefredakteur Nikolaus Brender abgelehnt hatte. Anfang 2011 reichte die rheinland-pfälzische Landesregierung ihre Klage in Karlsruhe ein. Man wolle die Grundlage der Arbeit der Gremien sichern, sagte damals Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), der selbst Verwaltungsratsvorsitzender des ZDF ist. Es gehe nicht darum, Parteien völlig auszuschließen, sondern um eine "Frage der Quantität und der Einflussintensität".

Dieser Sichtweise widersprechen nun die Bundesländer Sachsen,Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen, Bayern und das Saarland. Wichtigstes Argument für die Verfassungskonformität des Staatsvertrags sei eine korrekte Definition des Begriffes Staatsvertreter, führen sie aus. In der Antragsschrift von Rheinland-Pfalz würden neben den unmittelbaren Staatsvertretern die Parteienvertreter, die Mitglieder des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, der kommunalen Spitzenverbände und der Judikative sowie ehemalige Regierungsmitglieder einheitlich als Staatsvertreter eingeordnet. Dies sei nicht differenziert genug.

Im ZDF-Staatsvertrag seien außerdem zahlreiche Möglichkeiten angelegt, um staatlichen Einfluss zu relativieren, argumentieren die Unionsländer. Dazu zählten erforderliche Mehrheiten für Beschlüsse, die Weisungsunabhängigkeit der Mitglieder, begrenzte Amtsperioden sowie unterschiedliche Länderinteressen.

SPD und Grüne kritisieren Stellungnahme der Union

Der nordrhein-westfälische Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) sagte dem epd, auch die ZDF-Gremienmitglieder aus dem sogenannten gesellschaftlichen Bereich würden von den Ministerpräsidenten entsandt. Viele davon seien "eindeutig der Staatsbank zuzuordnen". Der Staatssekretär kritisierte zudem, dass die Grünen im Saarland, die eine Koalition mit CDU und FDP bilden, die Unionsstellungnahme mittragen. Dies sei "schon bemerkenswert", zumal die Bundes-Grünen massive Änderungen am ZDF-Staatsvertrag gefordert hätten, sagte Eumann, der auch Vorsitzender der SPD-Medienkommission ist.

Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte ursprünglich eine eigene Klage gegen den ZDF-Staatsvertrag einreichen wollen, aber nicht genügend Unterstützer im Parlament gefunden. Die medienpolitische Sprecherin der Fraktion, Tabea Rößner, erklärte am Donnerstag, die CDU habe die Chance, sich für einen staatsfernen  öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzusetzen, verstreichen lassen. "Ministerpräsidenten sollten beim ZDF nur noch in Talkshows, nicht aber in den Aufsichtsgremien sitzen", forderte sie. Zur Unterstützung der Unionsstellungnahme durch die Saar-Grünen äußerte sich Rößner nicht.

epd/evangelisch.de