Junge Wähler wollen Grüne und Piraten, keine Volksparteien

Junge Wähler wollen Grüne und Piraten, keine Volksparteien
Der Triumph für Rot-Grün in Bremen steht, das Fiasko der Opposition auch. Mit Spannung wird indes das Wahlverhalten der Jugendlichen erwartet. Erstmals durften am Sonntag in Bremen bei einer Landtagswahl 16- und 17-Jährige mitmachen.
23.05.2011
Von Oliver Pietschmann

Die Daten sind noch rar. Eine tiefgreifende Analyse zur Wahl in Bremen wird noch dauern. Am Montag nach dem Urnengang läuft zunächst die Zählmaschinerie in der Hansestadt. Fakt ist: Rot-Grün triumphiert und bei den Oppositionsparteien gibt es heftige Verluste. Fakt ist wohl auch, dass die erstmals wahlberichtigten 16- und 17-Jährigen überproportional für die Grünen und die Piratenpartei gestimmt haben und die Christdemokraten bei den jungen Wählern ganz schlecht aussehen.

Rund 10.000 Jugendliche durften am Sonntag in Bremen erstmals in Deutschland über die Zusammensetzung eines Landesparlaments mitbestimmen. Auch wenn ihre Stimmen angesichts klarer Fronten für das abschließende Ergebnis wohl kaum das Zünglein an der Waage sein werden, so wird ihr Abstimmungsverhalten doch mit Spannung erwartet.

Die Wahlbeteiligung sank in Bremen mit gut 56 Prozent auf einen historischen Tiefstand. Ob das Interesse der Jugendlichen an der Wahl größer oder kleiner war als bei der restlichen Bevölkerung, ist noch unklar. Wer von der Senkung des Wahlalters profitiert hat, zeichnet sich dagegen schon ab.

Jugendliche tragen die Grünen weit nach vorn

32 bis 34 Prozent der jungen Leute votierten nach den ersten Erkenntnissen der Wahlforschungsinstitute Infratest dimap und Forschungsgruppe Wahlen für die Grünen. Infratest dimap sieht bei den jungen Wählern die Grünen mit 32 Prozent klar vorn. Die Volksparteien schneiden dagegen schlecht ab. 28 Prozent der Jugendlichen votierten für die SPD und nur 12 Prozent für die CDU. Beide Parteien erhielten damit von den jungen Wählern deutlich weniger Stimmen als sie voraussichtlich insgesamt mit mehr als 38 (SPD) beziehungsweise rund 20 Prozent (CDU) bekommen werden.

Die Forschungsgruppe Wahlen zieht ihre Erkenntnisse aus Befragungen der jungen Wähler. "Zur Wahlbeteiligung gibt es noch keine Infos", sagt Geschäftsführer Matthias Jung. Zunächst einmal müssten für eine grundlegende Einschätzung die Daten des Landeswahlleiters abgewartet werden, was noch eine Zeit lang dauern könnte.

"Ob das neue Wahlrecht ein Schritt ist, Jugendliche für Politik zu begeistern, wage ich zu bezweifeln", sagt der Bremer Parteienforscher Lothar Probst. "Man hat sich bemüht, Jugendliche mit einzubeziehen." Aber die Parteien müssten die jungen Leute auch ansprechen, das müsse alles mehr projekt- und erlebnisbezogen sein. "Jugendliche lassen sich nicht in Parteipolitik einspannen, das ist langweilig", erläutert der Wissenschaftler besonders mit Blick auf die Volksparteien. Aber da gebe es noch bei allen großen Nachholbedarf.

Lange Auszählung wegen des komplexen Wahlsystems

Die niedrige Wahlbeteiligung war für die Experten absehbar. Keine Polarisierung, wenig Mobilisierung, scheinbar klare Verhältnisse schon durch die eindeutigen Umfragen sind die Gründe. "Da bleibt man bei schönem Wetter doch lieber draußen und huscht nicht noch ins Wahllokal", glaubt Jung. Die Bürger seien nicht nur in Bremen der Meinung, dass wichtige Entscheidungen nur noch im Bundestag fallen. Probst sagt: "Ich hatte mit einem noch höheren Absinken gerechnet."

Derweil wird in Bremen gezählt und gezählt und gezählt. Erst bis Mittwoch soll ein vorläufiges amtliches Endergebnis vorliegen - für die Wahlforscher keine einfache Situation. "Wir sind sehr vorsichtig", sagt Jung. "Das war in Hamburg eine ganz andere Sache." Dort sei im Februar für eine Zwischenauswertung bei der Auszählung noch mal richtig Geld in die Hand genommen worden. Probst sieht es dagegen gelassen. Das bringe das komplexe Wahlrecht halt mit sich. "Es ist eine Neuerung, alle müssen Erfahrungen sammeln."

dpa