Fukushima: Deutschland und Frankreich dürfen helfen

Fukushima: Deutschland und Frankreich dürfen helfen
Japan knapp drei Wochen nach dem Erdbeben: Die Regierung nimmt Hilfe aus dem Ausland an, zumindest um die Atomkatastrophe zu bewältigen. Deutschland schickt Maschinen nach Fukushima. Außerdem stehen Solidaritätsbesuche auf dem Programm: Am Samstag will Außenminister Westerwelle nach Japan reisen, Frankreichs Präsident Sarkozy ist schon da.

Eine weitere deutsche Riesen-Pumpe ist auf dem Weg zum havarierten Atomkraftwerk Fukushima. Das Gerät des Pumpenherstellers Putzmeister soll bei der Kühlung der Atomruine in Japan helfen. Die 62 Meter lange Pumpe wurde am Donnerstagmorgen am Stuttgarter Flughafen in ein Frachtflugzeug vom Typ Antonow 124 verladen. Sie soll in Tokio Mitarbeitern des AKW-Betreibers Tepco übergeben werden. Beschäftigte des Unternehmens aus Aichtal in Baden-Württemberg selbst unterstützen die Japaner zwar mit Service und Schulungsangeboten. Am Unglücksort werden sie aber nicht eingesetzt, wie Putzmeister-Geschäftsführer Markus Gehrt sagte.

Das Gerät ist bereits die zweite Putzmeister-Pumpe, die bei der Kühlung des schwerbeschädigten Atomkraftwerks helfen soll. Drei weitere Pumpen, die bis zu 80 Tonnen wiegen, sollen in den nächsten Tagen folgen. Die Geräte sollen zunächst Wasser auf die Meiler spritzen. Später werden sie eventuell für Beton-Arbeiten gebraucht. Dank der bis zu 70 Meter langen Arme kann Wasser von hoch oben in die beschädigten Reaktoren gepumpt werden.

Westerwelle und Sarkozy besuchen Japan

Außenminister Guido Westerwelle will an diesem Samstag nach Tokio reisen. Der Kurzbesuch soll im Anschluss an eine China-Reise stattfinden, zu der Westerwelle am Donnerstag in Peking eintraf. Mit dem Aufenthalt wolle der Minister Deutschlands Solidarität mit dem schwer getroffenen japanischen Volk zum Ausdruck bringen, hieß es aus seiner Umgebung. Westerwelle gehört zu den ersten ausländischen Politikern, die nach dem Tsunami und der anschließenden Reaktorkatastrophe nach Japan kommen.

Für den FDP-Vorsitzenden steht in Tokio unter anderem ein Gespräch mit dem japanischen Außenminister Takeaki Matsumoto auf dem Programm. Ein Besuch in den am schlimmsten betroffenen Erdbebengebieten oder in der Umgebung des AKW Fukushima ist nicht geplant. Die japanische Regierung prüft derzeit unter anderem ein deutsches Angebot für den Einsatz von Spezialrobotern.

Als erster ausländischer Staatschef seit der Katastrophe traf Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag in Tokio ein. Er hat dort die Atomenergie als wichtiges Instrument zum Klimaschutz verteidigt. Die Welt brauche Atomkraft, um den Klimawandel zu bekämpfen, sagte Sarkozy am Donnerstag nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo. Sarkozy traf in Tokio mit dem japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan zusammen.

Französische Fachleute behandeln strahlendes Wasser

Kann kündigte an, Japan werde aufgrund der Krise im Kernkraftwerk Fukushima Eins seine Atompolitik überprüfen. Die gravierende Störfallserie in den AKW begann vor rund drei Wochen, mehrere Reaktoren sind immer noch nicht unter Kontrolle. Das Thema Sicherheit der Atomkraft sollte auch beim nächsten G-8-Gipfel Ende Mai in Frankreich zur Sprache kommen, sagte Kan.

Vor Präsident Sarkozy war bereits die Chefin des französischen Atomkonzerns Areva, Anne Lauvergeon, mit fünf Experten in Japan eingetroffen. Die Fachleute aus Frankreich sollen unter anderem dabei helfen, hoch radioaktives Abwassers aus der Atomanlage zu entfernen. Sie sind auf die Behandlung radioaktiven Abwassers spezialisiert. Das verstrahlte Wasser muss aus vier der sechs Reaktorblöcke entfernt werden, damit die dringend benötigte Kühlung der Brennelemente wieder in Gang gesetzt werden kann.

Die Japaner hatten französische Hilfe zunächst abgewiesen. Frankreich hatte unter anderem Roboter nach Japan schicken wollen, die nach der Katastrophe von Tschernobyl vor rund 25 Jahren für den Einsatz an radioaktiv verstrahlten Orten entwickelt worden waren. Später änderte der japanische AKW-Betreiber Tepco aber seine Meinung und bat Frankreich um Entsendung von Experten. 

Warum keine klaren Informationen?

Der Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Achim Steiner, kritisierte die Informationspolitik der japanischen Behörden und des Tepco-Konzerns. "Was im Augenblick für viele am schwersten nachzuvollziehen ist, ist die Frage, wieso Information, deutliche, klare, präzise Information, so schwierig zu bekommen ist", sagte Steiner der "Berliner Zeitung" (Donnerstag). Der UNEP-Direktor warnte zugleich vor weiteren schweren Reaktorunfällen. Mindestens zwanzig, dreißig Reaktoren der gleichen Bauart wie der Katastrophenreaktor Fukushima seien weltweit in Betrieb, auch in erdbebengefährdeten Gebieten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in einem Telefonat mit Japans Ministerpräsidenten Naoto Kan Hilfe bei der Bewältigung der Krise zugesagt. Kan habe versichert, dass Japan die internationale Gemeinschaft weiter umfassend über das Krisenkraftwerk Fukushima unterrichten werde, wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldete. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter prüfe die japanische Regierung ein deutsches Angebot für den Einsatz von Spezialrobotern.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte die Bundesregierung auf, Japan die Ausrichtung einer Internationalen Hilfskonferenz zur Bewältigung der Atomkatastrophe anzubieten. "Dabei sollte es nicht nur um die Sicherung des Reaktors gehen", sagte Gabriel am Mittwoch in Braunschweig. Fragen nach Belastungen des Wassers, der Nahrungsmittel, nach Untersuchungen der betroffenen Menschen und nach der Größe des zu evakuierenden Gebiets sollten auch Themen sein.

Eine Tonne Medikamente in die Ukraine zurückgeschickt

Nach der verheerenden Naturkatastrophe in Japan kommen Hilfsgüter aus dem Ausland weiterhin nur zögerlich bei den Flüchtlingen an. Ein Mitarbeiter einer Botschaft in Tokio kritisierte in der Zeitung "Yomiuri": "Wenn wir mehr konkrete Informationen von der japanischen Regierung bekommen würden, welche Hilfen in bestimmten Gebieten benötigt werden, könnten wir effizienter helfen". Dem Bericht zufolge lagern in einigen Botschaften in Tokio Hilfsgüter aus dem Ausland, die allerdings nicht verteilt werden könnten, da Informationen von der japanischen Regierung ausblieben.

Ein Mitarbeiter des japanischen Auslandsministeriums begründete dies laut "Yomiuri" unter anderem mit dem eingeschränkten Transportmöglichkeiten in den Katastrophengebieten. Auch gebe es vor Ort manchmal keinen Platz, die ausländischen Lieferungen zu lagern. Zudem bevorzugten viele Flüchtlinge japanisches Essen, wenn sie die Wahl hätten.

Nach Angaben des Außenministeriums bekam Japan Hilfsangebote von 133 Ländern und Regionen sowie 39 internationalen Organisationen. Davon habe die Regierung 21 Angebote angenommen, die Rettungskräfte und Experten beinhalteten sowie 26, die Hilfsgüter wie Essen und Decken schicken wollten. Die Europäische Union hatte demnach bereits am 11. März Hilfslieferungen vorbereitet. Decken und Matratzen seien aber erst ab dem 26. März verteilt worden, hieß es.

Ein Hilfsangebot aus Thailand über drei Millionen Tonnen Reis lehnte die japanische Regierung nach Angaben von "Yomiuri" mit Bezug auf das japanische Agrarministerium ab, da Japan selbst mehr als drei Millionen Tonnen Reis auf Lager habe. In den Unglücksregionen gebe es zudem keine große Nachfrage nach Reis. Eine Hilfslieferung aus der Ukraine, die eine Tonne Medikamente wie Jodtabletten beinhaltete, wurde demnach in das Land zurückgeschickt. Die Medikamente seien nicht für den Gebrauch in Japan zugelassen gewesen.

dpa