EKD beschließt Männerquote für Kirchengemeinden

EKD beschließt Männerquote für Kirchengemeinden
Um dem überdurchschnittlichen Anteil von Frauen in der kirchlichen Gemeindearbeit Herr zu werden, haben die Gleichstellungsbeauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland die Einführung einer Männerquote beschlossen.
30.03.2011
Von Žena Muškarac

Wer kirchliche Gemeindearbeit, zumal die der Ehrenamtlichen kennt, weiß: Aktiv sind Frauen - und fast nur Frauen. Dabei geht es um die Belange aller Gemeindemitglieder, sollen darüber hinaus Menschen beiderlei Geschlechts angesprochen und erreicht werden.

Nur jeder Dritte Ehrenamtliche männlich

"Wie es ist, kann es nicht bleiben", sagt Geribald Brogauer-Hopfen, Genderbeauftragter der Gleichstellungsbeauftragten der Landeskirchen. Er verweist auf den Frauenanteil an den Kirchenbeschäftigten von mehr als 70 Prozent im Gegensatz zum Bundesdurchschnitt von 44 Prozent. "Der Männeranteil im kirchlichen Ehrenamt liegt bei nicht einmal 30 Prozent, im Bundesdurchschnitt dagegen weit über 50 Prozent." Selbst unter den eingetragenen Studierenden der evangelischen Theologie tummelten sich im Wintersemester 2008/2009 bereits stattliche 56,4 Prozent Frauen.

Zwar stehe die evangelische Kirche zur Frauenordination, die Theologinnen seit 1927 den Weg ins Pfarramt ebnet. Doch frage man sich mitunter, ob die Evangelisch-Lutherische Landeskirche von Schaumburg-Lippe mit diesem Schritt zu Recht bis 1991 gewartet habe, als dass der hohe Frauenanteil nun auch in den gemeindlichen Führungsebenen um sich greife - und Männerinteressen mehr und mehr in de Hintergrund treten.

"Sopranisierung der Gemeinden" beklagt

Da reiche es nicht, findet auch Adam Kad?n von der Bundesvereinigung deutscher Kirchenmusiker, regelmäßig Tenor- und Bassstimmen in Chorkonzerten auszuschreiben und "wie sauer Bier" zu bewerben. Manche Bachkantate scheitere mittlerweile an der dünnen Besetzung in den tiefen Lagen in den "brutal frauendominierten" Kirchenchören. Unter Kirchenmusikern sei das Phänomen mittlerweile als "Sopranisierung der Gemeinden" in aller Munde, erläutert Kad?n. "Höchste Zeit, dass von höherer Ebene gehandelt wird", so seine Einschätzung.

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Die Dominanz der Frauen in der Kirche spiegele die gesellschaftliche Realität in fast allen anderen Bereichen nicht wider. "Es muss etwas für die vielen, vielen unterrepräsentierten Männer getan werden, die sich oft nicht in Frauendomänen trauen, weil dort ein harter, bisweilen vulgärer Umgangston herrscht", betont Brogauer-Hopfen. Der traurige Alltag reiche von derben Scherzen bis hin zu Ekelritualen (sogenanntem "Nachmittagskaffee") - Situationen, die gerade von sensiblen Männern aufgrund schlechter Erfahrungen gemieden würden.

Maßnahmenkatalog soll helfen

Die Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Landeskirchen hat darum eine verbindliche Männerquote für ehrenamtliche und festangestellte Gemeindebeschäftigte von 50 Prozent beschlossen.

Zusätzlich ist in einem ersten Schritt ist an folgende Maßnahmen gedacht:

  • Frauen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, werden bis zum Erreichen der 50-Prozent-Quote nur in Begleitung von Männern akzeptiert
  • Einführung eines Gemeinde-Männertags (als Pendant zur Frauensauna)
  • generelles Freitagsverbot weiblichen Engagements in Kirchenkreisen
  • schrittweise Ausstattung der Gemeindezentren mit Kegelbahnen sowie kostenlosen Bundesliga-TV-Abonnements
  • gezielte Kooperation mit katholischen sowie gastronomischen Einrichtungen (ökumenische Grillplätze)
  • bundesweite Beratungshotline zu Fragen der Getränkeverträglichkeit und der Körperhaltung ("Kreuz-Telefon")

Zwischenbilanz in einem Jahr

Als Unterstützer der Aktion "Neue Männer" konnte ein namhafter Bierhersteller aus Flensburg gewonnen werden, der bereits eine evangelische Sonderabfüllung ("E-Type") in Aussicht gestellt hat.

Ob die Bestrebungen greifen, soll bis zum kommenden Frühjahr in einer detaillierten Evaluierung festgestellt werden. Notfalls sei auch eine Zwangsreduzierung der Zahl weiblicher Kirchenmitglieder nicht auszuschließen, heißt es in Kreisen des Kirchenamts. Doch Geribald Brogauer-Hopfen gibt sich zuversichtlich, dass es nicht so weit kommt. Er kündigt an: "Am 1. April 2012 sprechen wir uns wieder."


Žena Muškarac ist Redaktionsmitglied der evangelischen Vierteljahreszeitschrift "GMG - Gender Mainstreaming & Gemeinde".