Obamas Libyen-Rede: "In Bengasi drohte ein Massaker"

Obamas Libyen-Rede: "In Bengasi drohte ein Massaker"
Gespannt haben die Amerikaner auf diesen Auftritt gewartet: Eine Grundsatzrede des Präsidenten zur Militäraktion gegen Libyen. Obama verteidigte den Einsatz: Die Luftangriffe hätten weitere Gewalt gegen Zivilisten verhindert.

US-Präsident Barack Obama sieht den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi "stark geschwächt". Der internationale Militäreinsatz unter UN-Mandat habe "Gaddafis tödlichen Vormarsch (gegen die Rebellen) gestoppt", sagte Obama am Montagabend (Ortszeit) in einer Rede in Washington. Darin verteidigte er sich gegen anhaltende Kritik, dass sein Libyen-Kurs schwammig sei. Er bekräftigte, dass der Einsatz der USA begrenzt sei und nicht darauf abziele, Gaddafi mit militärischen Mitteln von der Macht zu vertreiben. Auf der Suche nach einer Lösung des Libyen-Konflikts kommen Vertreter aus mehr als 40 Ländern heute (Dienstag) in London zu einer Konferenz zusammen.

Obama war in den vergangenen Tagen innenpolitisch stark unter Druck geraten, seine Libyen-Strategie zu erklären. Insbesondere wurde ihm angelastet, kein Konzept für den Fall zu haben, dass Gaddafi trotz des internationalen Eingreifens weiter an der Macht bleibt.

"In Bengasi drohte ein Massaker"

In seiner Rede zur Hauptfernsehsendezeit in der Defense University betonte Obama, dass Gaddafis Eskalation der Gewalt gegen das eigene Volk ihm keine andere Wahl gelassen habe, als US-Soldaten im Rahmen einer internationalen Aktion zum Schutz der Bevölkerung einzusetzen. Andernfalls, so der Präsident, hätte etwa ein Massaker in der Stadt Bengasi gedroht, das die ganze, ohnehin instabile Region erschüttert und "das Gewissen der Welt beschmutzt hätte".

Zur weiteren Rolle der USA sagte Obama, dass die USA nach der Übertragung der Führung der kompletten Militärmission an die Nato an diesem Mittwoch weiterhin Druck auf Gaddafi ausüben würden, nach 42 Jahren an der Macht zurückzutreten. Er machte aber zugleich erneut klar, dass die USA keine Militärgewalt einsetzen würden, um dieses Ziel zu erreichen. "Unsere Militärmission auszuweiten, um einen Regimewechsel einzuschließen, wäre ein Fehler", sagte Obama.

Die internationale Koalition würde zersplittern, US-Bodentruppen müssten eingesetzt werden. "Um schonungslos offen zu sein, wir sind diesen Weg im Irak gegangen", erklärte der Präsident. Er fügte hinzu, dass der Regimewechsel dort acht Jahr gedauert und Tausende Menschen gekostet habe. "Wir können es uns nicht leisten, das in Libyen zu wiederholen."

Er kündigte an, dass die USA auf andere Weise das Streben des libyschen Volkes nach Freiheit unterstützen würden. Als Beispiel nannte er das Abschneiden der Waffen- und Geldzufuhr an das Regime und generell die Unterstützung der Opposition. Obama warnte jedoch, dass es dauern werde, Gaddafi zur Aufgabe der Macht zu bringen. "Aber es sollte für jene um Gaddafi und jeden Libyer klar sein, dass die Geschichte nicht auf seiner Seite ist."

Libyen-Konferenz in London

Der Gastgeber der Konferenz in London, Großbritanniens Außenminister William Hague, hat US-Außenministerin Hillary Clinton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sowie Vertreter von Arabischer Liga und Afrikanischer Union eingeladen. Zum Abschluss des Treffens soll es ein gemeinsames Kommuniqué geben.

Unklar war bis zuletzt, ob auch Vertreter der libyschen Opposition an dem Treffen teilnehmen werden. Das Außenministerium in London hatte die Opposition bereits als legitimierten politischen Partner bezeichnet.

Kurz vor dem Treffen legten Großbritanniens Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ein gemeinsames Papier vor. Darin wird ein "Neuanfang" in Libyen propagiert. Die Anhänger Gaddafis werden darin aufgefordert, sich von dem Machthaber zu lösen.

Heftiger Widerstand in Sirte

Der Vormarsch der libyschen Rebellen ist trotz militärischer Hilfe aus der Luft ins Stocken geraten. Nach Einnahme aller strategisch wichtigen Öl-Häfen im Osten stießen die Aufständischen am Montag vor der Stadt Sirte auf Widerstand der Regierungstruppen. Sirte ist die Heimatstadt von Gaddafi und liegt auf halbem Weg zwischen der Rebellenhochburg Bengasi und der Hauptstadt Tripolis. Ohne Luftangriffe der internationalen Allianz dürfte die Stadt nur schwer zu erobern sein.

Das Gaddafi-Regime verstärkt nach Angaben des US-Militärs seine Stellungen in Sirte, der Heimatstadt des libyschen Machthabers - offensichtlich, um sich gegen einen möglichen Rebellen-Angriff zu wappnen. Es würden Kontrollpunkte errichtet und Panzer in allen Teilen der Stadt stationiert, schilderte US-Vizeadmiral William Gortney vom Pentagon am Montag.

Ähnliche Maßnahmen seien auch in anderen Gebieten ergriffen worden, und es gebe weiter schwere Kämpfe in der Schlüsselstadt Misurata. "Wir glauben, dass sich das Regime in Sirte eingraben will", sagte der Amerikaner.

Gortney äußerte sich zugleich vorsichtig über die von den Rebellen erzielten Fortschritte und Fähigkeiten im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen. "Ganz klar ist die Opposition nicht gut organisiert, sie ist keine sehr robuste Organisation", so der Vizeadmiral. "Das ist offensichtlich. Auf dieser Basis steht jeder Gewinn auf schwachen Füßen."

dpa