Bürgerrechtler fordern Liu Xiaobos Freilassung

Bürgerrechtler fordern Liu Xiaobos Freilassung
Zur Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo haben Menschenrechtler und Politiker dessen Freilassung gefordert. Liu habe nichts Falsches getan, sagte der Präsident des Preiskomitees, Thorbjoern Jagland, in seiner Rede am Freitag in Oslo.

Lius Stuhl blieb während der Zeremonie leer, da er seit 2008 in China inhaftiert ist. China bezeichnete die Preisverleihung als "politische Farce" und "Verschwörung". Jagland sagte, die chinesische Verfassung garantiere Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit ebenso wie die Möglichkeit für die Bürger, Kritik zu üben und Vorschläge zu machen. "Liu hat nichts anderes getan, als diese Rechte wahrzunehmen, er muss freigelassen werden", forderte er.

Die Preisverleihung werde die Volksrepublik nicht davon abhalten ihren Weg des Sozialismus mit chinesischer Ausprägung entschlossen und selbstbewusst zu gehen, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Jiang Yu am Freitag nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. "Wir lehnen es strikt ab, dass ein Staat oder eine Person den Friedensnobelpreis instrumentalisiert um sich die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen oder seine Rechtssouveränität zu verletzen."

Liv Ullmann trug Lius Plädoyer vor

Liu erhält die Auszeichnung für seinen langen und gewaltfreien Kampf für die Menschenrechte in China. Er gilt als der einflussreichste Regimekritiker Chinas. Der 54-jährige Literaturwissenschaftler und Publizist ist seit Dezember 2008 in Haft und wurde vor einem Jahr wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Gefängnis verurteilt.

Nach Jaglands Rede trug die norwegische Schauspielerin Liv Ullmann Lius Plädoyer mit dem Titel "Ich habe keine Feinde" vor, das er hielt, bevor er vergangenen Dezember verurteilt wurde. Wie Liu es sich gewünscht hatte, trat ein Kinderchor auf, der norwegische Volkslieder sang und die Zeremonie abschloss. Die Medaille, die Urkunde und das Preisgeld behält das Nobelkomitee, bis Liu oder enge Angehörige sie entgegennehmen können.

Demonstration vor der chinesischen Botschaft

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, bedauerte die Abwesenheit Lius. "Heute ist ein trauriger Tag für die Verteidiger der Menschenrechte", sagte er in Brüssel. "Wir müssen uns gegen die Unterdrückung und die Relativierung der Menschenrechte wehren." Buzek und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderten die sofortige und bedingungslose Freilassung von Liu und seiner Ehefrau, die unter Hausarrest steht.

Auch die Bundesregierung forderte Lius Entlassung: Er habe sich mutig für politische Freiheit und für Menschenrechte eingesetzt und dabei stets auf friedliche Mittel gesetzt, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. Nach einem Aufruf der "Gesellschaft für bedrohte Völker" demonstrierten rund 130 Menschen vor der chinesischen Botschaft mit der gleichen Forderung.

Amnesty: Schikanen seit Preis-Bekanntgabe

Liu stehe stellvertretend für alle, die verfolgt werden, weil sie sich für die Menschenrechte einsetzten - in China wie auch in anderen Ländern, teilte Amnesty International mit. "Der Nobelpreis wird den moralischen und politischen Druck erhöhen", sagt Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland in Berlin.

In den vergangenen Tagen hatte Peking den Druck auf Dissidenten erhöht. Viele wurden rund um die Uhr beobachtet, verhört, schikaniert. Laut Amnesty wurden seit der Bekanntgabe des Preises im Oktober mehr als 200 Aktivisten inhaftiert, unter Hausarrest gestellt oder an einer Ausreise gehindert. Dennoch werden die meisten den Nobelpreis für Liu als Ermutigung und Bestärkung in ihrem Engagement.

Chinesen wissen nichts vom Nobelpreis

Die Mitbegründerin der "Tiananmen-Mütter", Zhang Xianling, sagte dem epd: "Der Preis ist eine Bestätigung für unser Bemühen um mehr Freiheit und Gerechtigkeit." Sie hoffe, dass er zu einer sachlicheren Auseinandersetzung zwischen chinesischen Dissidenten im In- und Ausland beitrage, sagte die 72-jährige, die vor der Verleihung dazu gezwungen wurde, Peking zu verlassen. "Es liegt zuallererst an uns in China wie wir damit weiter umgehen."

Einer der Anwälte Lius, Ding Yikui, bedauerte, dass ein Großteil der Bevölkerung gar nichts vom Nobelpreis wisse, da Chinas Medien nicht darüber berichteten. Zudem verschärfte China die Zensur. Die Internsetseiten westlicher Fernsehsender wie BBC, CNN und des norwegischen Fernsehens NRK waren nicht mehr abrufbar. Auch die Webseite des Nobelpreiskomitees war gesperrt. Die Live-Übertragung zur Bekanntgabe des Preises hatten die Nutzer in China verfolgen können.

epd