Bewegung im Konflikt um Sicherungsverwahrung

Bewegung im Konflikt um Sicherungsverwahrung
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht inzwischen keine Möglichkeit mehr, alle jetzt aus der Sicherungsverwahrung freikommenden Schwerverbrecher wegzusperren.

De Maizière sagte der Deutschen Presse-Agentur (Mittwoch): "Bei einem Teil der Altfälle greift die Sicherungsunterbringung nicht." Damit bewegt sich der Innenminister im Koalitionsstreit um eine Reform der Sicherungsverwahrung auf die FDP und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zu.

De Maizière will sich - auch wegen dieses Themas - in Kürze mit seiner Kabinettskollegin treffen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass im September eine Lösung des koalitionsinternen Streites möglich sei. Union und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Reform der Sicherungsverwahrung in dieser Legislaturperiode verständigt. Durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) geriet die Regierungskoalition aber unter zeitlichen Druck.

Konflikt zwischen zwei Rechtsprinzipien

Der EGMR hatte im Dezember 2009 im wesentlichen zwei Punkte der Sicherungsverwahrung moniert. Zum einen sei sie in der bisherigen Form wie eine zusätzliche Strafe anzusehen. Zum anderen wurde 1998 die bis dahin geltende Höchstdauer von zehn Jahren aufgehoben. Die Sicherungsverwahrung der auf dieser Rechtsgrundlage verurteilten Straftäter dürfe nicht automatisch verlängert werden, argumentierte das Gericht. Aufgrund dieses Urteils müssen bis zu 80 Schwerverbrecher aus der Sicherungsverwahrung frei gelassen werden.

"Das ist ein grundlegender Konflikt zwischen zwei Rechtsprinzipien: Niemand soll in Haft, der seine Strafe bereits verbüßt hat. Auf der anderen Seite steht die Schutzpflicht des Staates für seine Bürger vor gefährlichen Menschen", argumentierte de Maizière. Eine Lösung müsse "verfassungsfest" sein.

Union und de Maizière hatten bisher argumentiert, durch eine Änderung der Sicherungsverwahrung in eine Sicherungsunterbringung, die nicht Gefängnis und nicht Luxuswohnung sei, auch für diese Altfälle zum Schutz der Bevölkerung eine verfassungskonforme Lösung zu finden. Der Innenminister präzisierte dies nun dahingehend, dass eine Sicherungsunterbringung zwar einen Großteil der künftigen und früheren Fälle lösen könne, aber nicht alle. Sie sei bei den Altfällen nur bei zwei Fallgruppen möglich: bei psychisch gestörten Menschen und bei Personen, von denen eine konkrete Gefahr, etwa eine Todesdrohung gegen andere, ausgehe.

dpa