Schauen wir der Realität ins Auge: Wir werden weniger, Gemeinden werden kleiner. Manche Kirchengebäude werden einfach nicht mehr gebraucht. Der Erhalt kostet Unsummen und zum Sonntagsgottesdienst kommen drei, vier Leute – das kann niemand mehr bezahlen. Also stellt sich die Frage: Was tun mit diesen Kirchengebäuden? Da hatten wir schon so einige Folgen hier in diesem Blog. Und, Überraschung, auch die heutige Idee ist keine neue.
Aber lassen Sie uns erst mal ins niederländische Heerlen gehen. Dort steht die ungefähr 100 Jahre alte St. Franziskus-von-Assisi-Kirche. Ein schönes Gebäude, nur leider: nicht mehr genutzt. Schon 2023 wurde sie profanisiert. Was tun mit dieser Immobilie?
Nun begab es sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Bürgermeister der Gemeinde Heerlen ausging, dass ein Ort für ein neues Schwimmbad gesucht werden sollte. Am besten zentral. Trotzdem mit Parkplätzen in der Nähe. Und auf einmal war die außergewöhnliche Idee geboren: Das Schwimmbad kommt in die Kirche!
Vieles war noch offen, natürlich. Auch die Kosten. Für wie viel verkauft man eine Kirche? Aber Politiker und Kirchengemeinde waren sich einig, dass es eine gute Lösung sein könnte. Erste Untersuchungen ergaben: Der Bau eines Beckens ist machbar, die architektonische Schönheit kann erhalten bleiben und auch die Klima- und Feuchtigkeitssteuerung ist technisch lösbar.
Inzwischen hat ein Architekturbüro die Ausschreibung gewonnen. Sehr viele Elemente der ehemaligen Kirche werden wiederverwendet: Die alten Bänke werden teils zu Bars für die Zuschauer bei Wettkämpfen, teils zu Umkleidebänken. Sogar die Kanzel wird zum Ausguck für den Bademeister. Der neue Eingang passt sich in die Architektur der Kirche ein und wirkt trotzdem modern. Und einen schönen Namen fürs Schwimmbad haben sie auch gefunden. Mag sein, dass „Wijwater“ (Weihwasser) für manche blasphemisch klingt. Die Menschen in den Niederlanden scheinen damit keine Probleme zu haben – sie finden es eher schön, dass auch im Namen des Schwimmbads die Geschichte des Gebäudes anklingt.
Der Boden des Beckens ist höhenverstellbar, sodass der Raum an die Bedürfnisse angepasst werden kann. Es ist sogar möglich, nur eine ganz dünne Wasserschicht über dem Boden zu haben, sodass sich Gäste einer Veranstaltung fühlen, als würden sie wie Jesus übers Wasser gehen. Und wenn der Boden dann noch ein klein wenig weiter angehoben wird, sind hier sogar Empfänge und Bälle möglich. Schön, wenn sich die Gemeinde in der Kirche trifft – dafür wurde sie doch eigentlich gebaut.
Ein bisschen müssen Sie noch warten, bis Sie in Heerlen schwimmen gehen oder übers Wasser laufen können. Gerade sind erst einmal die Pläne fertig, die geplante Fertigstellung wurde schon von 2026 auf 2027 verschoben. Aber ich glaube, das könnte ein richtig schöner Gemeinschaftsort werden. Ein neues Zentrum der politischen Gemeinde. Vielleicht gibt’s irgendwann dann ja auch mal Taufen hier …
Erfunden haben diese Umnutzung die Heerlener allerdings nicht, auch wenn der erste derartige Fall schon sehr lange zurück liegt. Vielleicht lesen die Mitglieder des Stadtrats ja in diesem Blog mit? Denn vor etlichen Jahren schon ging es hier um die Kirche St. Petri in St. Petersburg, die unter Stalin zu einem Schwimmbad umfunktioniert wurde. Damals allerdings eher nicht mit Zustimmung der Kirchengemeinde.
Angesichts der aktuellen politischen Situation würde ich aber dazu raten, lieber nach Heerlen zu fahren. Das Schwimmbad in St. Petersburg ist sowieso schon seit langem wieder geschlossen. St. Petri ist wieder eine Kirche – mit Schwimmbecken unter dem Boden.


