Kein Pfarrer unter dieser WhatsApp

Kein Pfarrer unter dieser WhatsApp
Foto: Getty Images/iStockphoto/alexskopje
Datenschutz ist wichtig. Doch wie können wir als Kirche noch sinnvoll kommunizieren?

Wollen Sie mal jemanden ärgern, der irgendwas mit Internet macht? Sagen Sie einfach nur „DSGVO“. Wetten, er oder sie geht die Wände hoch? Die Datenschutz-Grundverordnung macht im Augenblick alle irre. Was muss rein in die neuen Datenschutzerklärungen auf den Websites? Welche Maßnahmen zum Datenschutz sind zusätzlich zu treffen? Verarbeitungsverzeichnisse, Auftragsverarbeitungsverträge und so weiter. Dazu kommt dann noch, dass die Kirche ihr eigenes Datenschutz-Gesetz hat – unterschieden zwischen evangelisch und katholisch. Für wen gilt was? Was machen ökumenische Einrichtungen? Das ist alles gerade an vielen Stellen unklar.

Klar dagegen sind andere Dinge, die aber auch schon nach dem alten Datenschutzgesetz schwierig waren. Zum Beispiel: WhatsApp ist und bleibt verboten. Für fast jede Form der beruflichen Nutzung, nicht nur in der Kirche. Unter anderem, weil das gesamte Adressbuch – einschließlich der Einträge der Nicht-WhatsApp-Teilnehmer – auf Server in den USA übertragen wird. Blöd nur: Das interessiert außer den Datenschutzbeauftragten halt kaum jemanden. Das Leben spielt sich auf WhatsApp ab. Konfirmandengruppen sind eigentlich nur noch über dieses Medium zu erreichen. Gibt es nicht eine Stunde vor der Konfistunde eine Erinnerung, fehlt die Hälfte der Konfirmandinnen und Konfirmanden. Umsteigen auf einen anderen Messenger, etwa Threema? Selbst, wenn die Kirchengemeinde die Kosten übernimmt: Die meisten Jugendlichen haben weder Speicherplatz auf dem Handy noch Interesse an noch einer App. Nee, funktioniert nicht. Manche Pfarrerinnen und Pfarrer benutzen daher ein eigenes Diensthandy, in dessen Adressbuch keine weiteren Einträge vorhanden sind. Auch nicht ideal. Denn auch Unterhaltungen, die über dieses Medium geführt werden, landen ja auf Servern in den USA. Für seelsorgerliche Gespräche verboten. Außerdem ist WhatsApp nun offiziell erst ab 16 erlaubt, während Konfis meist jünger sind. Aber was will man machen?

Nun geht der EKD-Datenschutzbeauftragte Michael Jacob auch Facebook an: "Ich möchte stärker eine Debatte darüber führen, wem wir unsere Daten anvertrauen, auf welche Unternehmen wir uns da stützen" Ja – Recht hat er, aber auch Unrecht. Ja, wir müssen darüber nachdenken: Welchen Unternehmen vertrauen wir Daten an, unter Umständen auch Daten, die uns von anderen anvertraut wurden?

Aber andererseits: Wie wollen wir denn noch als Kirche präsent sein da, wo sich das Leben abspielt? Wie sollten wir heute kommunizieren, wenn wir offiziell WhatsApp nicht benutzen dürfen? Oder Facebook?

„Kommt alle zu Diaspora und Threema, da sind wir auch!“ - tja, das funktioniert leider einfach nicht. Ehrlich: Ich bin auf Diaspora. Alle meine Blogeinträge poste ich da. Meine Fangruppe von ungefähr drei Leuten klickt auch regelmäßig und ziemlich zuverlässig auf „gefällt mir“. Aber das war‘s dann auch schon. Diaspora und Threema oder eben andere Medien: Das ist nicht da, wo die Menschen sind. Gibt es denn gar keinen Weg da raus?

Sollen wir jetzt ein eigenes kirchliches Facebook gründen? Eines, das datenschutzrechtlich unbedenklich ist? Leute, kommt zu X-Book! Hier findet ihr euren Pfarrer, eure Pfarrerin! Voll coole Sache hier. Ist zwar keiner da, aber dafür sind Ihre Daten sicher! Klar sind sie da sicher, interessiert sich ja kein Mensch dafür. Und dann noch der eigene Messenger: GospelChat! Der christliche Messenger mit eingebautem Datenschutz! Du weißt zwar nicht, mit wem du gerade schreibst, aber dafür ist es extrem sicher. Leider ist auch da – kein Mensch.

Für die interne Kommunikation hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern gerade eine eigene Lösung eingeführt, die sowohl auf dem PC im Browser als auch über eine App funktioniert. Damit kann man aber nur Leute erreichen, die einen Zugang zum Intranet haben. Das hilft also leider auch nur bedingt.

Paulus ging auf die Marktplätze und in die Städte. Dahin, wo die Menschen damals waren. Auch wir sollten das tun, wollen es ja auch, jedenfalls die meisten von uns. Gleichzeitig sollten wir aber das berücksichtigen, was heute wichtig ist – und da gehört der Datenschutz und der verantwortlich Umgang mit den Daten anderer Menschen definitiv dazu. Doch wie ist das noch möglich? Schafft sich Kirche ab, wenn sie sich an geltende Gesetze hält? Müssen wir uns darüber hinwegsetzen? Das kann es ja auch nicht sein. Aber was dann? Lassen Sie uns doch auf Diaspora darüber diskutieren …

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