Ich hörte die Eule, sie rief meinen Namen

Ich hörte die Eule, sie rief meinen Namen

Über Ostern hatte ich mal Zeit wieder einige Bücher aus meinem Bücherschrank zu lesen, die zu meinem jährlichem Literaturkanon gehören. Es gibt nämlich Bücher, die ich jedes Jahr wieder lese. Die meisten davon haben zwar keinen Bezug zum Glauben - gut, ob "Der Herr der Ringe" nicht auch irgendwie vom Glauben handelt sei dahingestellt, ebenso wie in "American Gods" natürlich Götter vorkommen und es auch irgendwie um Glauben  geht... Ähm... Der Rest meines Literaturkanons ist aber von diesem Thema dann unberührt. Wirklich. Bis auf dieses: "Ich hörte die Eule, sie rief meinen Namen" von Margret Craven. Das ist ein wirklich stilvolles Buch zum Thema Glauben. (Und könnte eigentlich auch zur Blogkollegin gehören, denn es ist ein dünnes Büch. ;-))

Der Plot ist schnell erzählt: Marc Brian, der todkrank ist und höchstens 3 Jahre zu leben hat dies aber nicht weiß, wird von der anglikanischen Kirche in die wohl entferntest entlegende Gemeinde Kanadas geschickt. Jedenfalls kommt ihm das zu Beginn so vor - und zudem ist es ein Indianerdorf, dessen Kultur Marc vollkommen fremd ist. Nach und nach aber arbeitet er sich in die Gemeinde ein und schließlich begreift er warum er an diesem Ort ist: Nicht um unbedingt zu lehren, sondern vor allem viel zu lernen.

Wer also in diesem Roman eines der Machmerke wittert, die gerne von religiösen Splittergruppen verteilt werden und in denen am Ende die Moral, dass alles gut wird solange man nur an Gott glaubt überwiegt - was man nach dem Klappentext ja durchaus tun könnte - der wird angenehm enttäuscht. Cravens Buch schildert vielmehr subtil und eindrucksvoll das Auseinandersetzen zweier Kulturen miteinander. Die Indianer, die ihre Überlieferungen trotz der Christianisierung bewahren einerseits, die der westlichen christlichen Welt andererseits. Keineswegs werden die Konflikte und Probleme in diesem Buch, im Original 1973 zum ersten Mal erschienen, übergangen: Die Jungen gehen aus dem Dorf in die westliche Welt, eine junge Indianerin wird mit einem Heiratsversprechen getäuscht und stirbt am goldenen Schuss.

Craven schildert das Leben Marks ruhig, beinahe meditatorisch. Man könnte einwenden, dass der Roman eigentlich nur aus einer Reihe von Szenen besteht, dass die übergeordnete Entwicklung fehlen würde. Das würde dem Roman nicht gerecht, dann Craven ist keine Autorin, die sensatonsheischend auf den Lehr- und Lernprozeß für Mark und den Leser hinweist, sondern sie macht es subtil. Aber wirkungsvoll. Die Szene, in der beschrieben wird wie der Lachs entsteht und vergeht bringt das, was den christlichen Glauben ausmacht auf den Punkt ohne plakativ missionarisch zu sein.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass ich das Buch über Ostern nochmal gelesen haben - denn letztendlich geht es auch hier um den Tod und das Leben und darum wie man das eine mit dem anderen in der Balance hält. Um so schöner, dass man das Buch auch heute noch problemlos beim Buchhändler seiner Wahl bestellen kann - für 7,95.
 

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