Wiederbegegnung - 2. Advent

Wiederbegegnung - 2. Advent
In der Woche des 2. Advents steht die Wiederkunft Christi im Zentrum des Kirchenjahres. Wolfgang Schürger wird dadurch angeregt über die Wiederbegegnungen mit Ex-Partner*innen nachzudenken.

Die Woche des 2. Advent - liturgisch bedeutet das, dass wir uns an die Wiederkunft Christi erinnern (das Evangelium für den 2. Advent ist Lukas 21,25-33). Das lateinische Wort "adventus" bedeutet ja Ankunft, und die zweite Ankunft ist eben die Wiederkunft.

"Man begegnet sich immer zweimal.", sagt ein Sprichwort. Und wo würde das besser stimmen als in der queeren Community, die bei aller Untergliederung (und manchmal Segmentierung) doch sehr überschaubar ist. Der "2. Advent", nicht als Wiederkunft, aber als Wiederbegegnung - er kann in der queeren Community sehr leicht geschehen, auch und gerade auch mit der oder dem Ex.

Wie also gehen wir mit unseren Ex-Partner*innen um, wie setzen wir uns mit ihnen in Beziehung? Ich gehöre zu den Menschen, die in ihrem Leben durchaus mehrere Beziehungen gehabt haben. Und ich weiß: Es ist letztendlich nur begrenzt steuerbar, wie sich das Verhältnis nach einer Beziehung oder bei einer Wiederbegegnung entwickelt. Dass ich mit einigen meiner ehemaligen Partner heute wieder eine sehr gute und vertrauensvolle Freundschaft habe, das erlebe ich als Gottesgeschenk.

"Zeit heilt Wunden.", sagt ein anderes Sprichwort - und aus meiner Erfahrung heraus würde ich das für die Wiederbegegnung mit der oder dem Ex sofort unterschreiben: Es braucht Zeit, um zu einem neuen Verhältnis zueinander zu finden. Gerade die Person, über die die Trennung herein gebrochen ist, braucht Zeit, um damit fertig zu werden. Der Satz "Aber lass' uns gute Freund*innen bleiben!", ist gut gemeint, aber für die Person, die da gerade verlassen wird, eine Überforderung. Der oder die andere braucht jetzt Zeit und vermutlich erst einmal Abstand, das muss ich mir bewusst machen, wenn ich eine Partnerschaft beende. Ich habe mich in diesen Fällen daher auch immer mit einer Kontaktaufnahme sehr zurück gehalten, versucht, sie so zu dosieren, dass deutlich wurde: "Du bist mir nach wie vor wichtig, aber es ist deine Entscheidung, wie viel Kontakt du wieder haben willst."

Aber dann sind sie da ja wieder, diese spontane Wiederbegegnungen - in der Disco, bei einer Veranstaltung, beim CSD. Ich habe zwei meiner Ex vor Augen, mit denen so etwas immer (und das nach Jahren) fürchterlich peinlich wird. Wir finden da einfach keine Ebene miteinander, ich spüre, dass bei dem anderen nach wie vor viel Verletzung da ist - und dass ich keinen Weg finde, damit umzugehen, weil ich nach wie vor sicher bin, dass es für mich damals die richtige Entscheidung war. Ich kann da nur Gott bitten, dass er die Wunden heilt. Aber ein wirklicher Kontakt ist nicht möglich.

Und dann sind da - Gott sei es gedankt! - die anderen, mit denen inzwischen wieder ein herzliches Verhältnis entstanden ist. Mit denen ich gemeinsam lachen kann über Situationen, die wir zusammen erlebt haben. Wo wir heute sogar über unsere Macken und Schwächen lachen können, die uns damals in der Beziehung immer wieder aneinander aufgeregt haben. Ex-Partner, bei denen ich merke, dass eine gemeinsame Geschichte einfach auch verbindet. Mit denen es irgendwie gelungen ist, diese Geschichte weiter zu schreiben - auch wenn die Beziehung jetzt eine ganz andere ist.

Ich erlebe das als Gottesgeschenk, als "2. Advent", bei dem die Fülle des Lebens plötzlich ganz unmittelbar zu greifen ist. Danke, dass dies möglich ist!

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