Bio-Müsli fürs Bienenvolk!

Bio-Müsli fürs Bienenvolk!

Nehmen wir einmal an, Sie erfahren davon, dass ein Bestandteil des Müslis, das Sie jeden Morgen zu sich nehmen, im Verdacht steht, Sie nicht fit, sondern krank zu machen. In diesem Fall gibt es ja verschiedene Verhaltensmöglichkeiten: Entweder Sie wechseln die Marke. Oder Sie verbannen Müsli ganz von Ihrem Frühstückstisch. Oder Sie ignorieren die Warnungen und essen weiter Ihr Müsli, mit dem Argument, dass andere Müslis ja noch schädlicher sein könnten.

Letzteres macht die britische Regierung. Zumindest im übertragenen Sinne, auch wenn mein Vergleich ein wenig hinkt, denn ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob und welches Müsli David Cameron und seine Kabinettsmitglieder essen. Aber das Verhalten ist ähnlich irrational. Nur dass es in diesem Fall um die Verwendung von Pestiziden geht, die im verdächtigt werden, zum Bienensterben beizutragen. Die britische Regierung war gemeinsam mit der britischen Bee Keepering Association gegen die Einschränkungen bei der Verwendung von Neonikonioid-haltigen Chemikalien, die die EU in der letzten Woche beschlossen hat. Begründet hat sie dies damit, dass nichts bewiesen sei und andere Schädlingsbekämpfungsmittel noch mehr Schaden anrichten könnten.

Die betroffenen Pestizide werden in erster Linie in der Landwirtschaft, aber auch von Hobbygärtnern verwendet. Eindeutige wissenschaftliche Beweise stehen zwar noch aus, aber es gibt Hinweise darauf, dass die Substanzen Bienen und Hummeln derart die Sinne vernebeln, dass sie die Orientierung verlieren, nicht mehr zurück in ihren Stock bzw. ihr Nest finden und verhungern. Andere Forschungen vermuten, dass die Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam die Bienen anfällig für Krankheiten und Milben macht, was sie letztlich das Leben kostet.

Auch wenn die Beweislage (noch) nicht eindeutig ist - die Wahl des "kleineren Übels", falls es das gibt, scheint mir eine sehr unbefriedigende Lösung zu sein. Denn ohne Bienen keine Bestäubung und ohne Bestäubung keine Pflanzen und keine Früchte, also nichts zu essen für uns und alle anderen Lebewesen. Bei einem solch fundamentalen Problem sollte man doch lieber etwas zu viel als zu wenig Vorsicht walten lassen, finde ich.

Verglichen mit der Landwirtschaft trägt die Hobbygärtnerei vermutlich nur zu einem kleinen Teil zur Umweltbelastung bei. Aber auch im Garten richten die allermeisten sogenannten Schädlingsbekämpfungsmittel mehr Schaden an als sie Gutes tun. Oft wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ist es wirklich so ein Drama, wenn eine Dahlie in diesem Jahr von den Blattläusen verspeist wird? Oder ein Rittersporn den Schnecken zum Opfer fällt? In aller Regel erholen sich die Pflanzen wieder und die "Schädlinge" werden von Vögeln, Fröschen und Igeln verspeist, sind also Teil der Nahrungskette. Von den vielleicht noch viel komplexeren Zusammenhängen, von denen wir noch gar nichts ahnen, mal ganz abgesehen.

Im Englischen heißt es: every little bit helps. Deshalb möchte ich an dieser Stelle dazu aufrufen, im Garten, im Hinterhof und auf dem Balkon etwas Toleranz und Nachsicht walten zu lassen, nektarreiche Pflanzen anzubieten, es mit der Ordnung in Topf und Beet nicht allzu genau zu nehmen und die Chemiekeule im Schrank zu lassen. Auf dass Bienen, Hummeln und anderes Getier - und damit auf längere Sicht auch wir selbst - ein gesundes, nahrhaftes Frühstück zu sich nehmen können, das sie nicht krank, sondern fit macht. Egal, was irgendwelche Regierungen sagen.

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