Bischof rät zu politischer Zurückhaltung in Predigten

Ernst-Wilhelm Gohl ist , Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
© epd-bild/Heike Lyding
Pfarrer:innen sollten sich von der Kanzel nicht politisch äußern, findet Ernst-Wilhelm Gohl, Landesbischof der Landeskirche in Württemberg.
Ernst-Wilhelm Gohl wird 60
Bischof rät zu politischer Zurückhaltung in Predigten
Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Ernst-Wilhelm Gohl, hat sich dafür ausgesprochen, zurückhaltend mit politischen Positionierungen in Predigten zu sein. Man habe, wenn man als Pfarrerin oder Pfarrer auf der Kanzel stehe, eine große Verantwortung und müsse aufpassen, dass man seine Machtposition nicht ausnutze, so der Bischof, der am Samstag (3.6.) 60 Jahre alt wird.

Gohl sagte am Mittwochabend bei einem Gespräch auf der Tagung des Pfarrerinnen - und Pfarrergebetsbunds (PGB) Baden-Württemberg in Friolzheim (Enzkreis), zwar würden die Medien es gerne aufgreifen, wenn man sich in einer Predigt zum politischen Tagesgeschehen äußere. Doch die Gefahr bestehe, dass man sich einseitig parteipolitisch positioniere. "Ich wäre da eher zurückhaltend, auch wenn das heißt, dass man weniger in die Medien kommt." Stattdessen sei es wichtig, eine "Theologie der Hoffnung" zu verbreiten. Eine solche gute Nachricht wirke in die Welt hinein, sei seine Überzeugung.

Eine der großen Stärken der Landeskirche sei, dass sie breit aufgestellt sei und unterschiedliche Gruppen anspreche. Denn diese Vielfalt und Weite in der Kirche, die als gemeinsame Grundlage das Glaubensbekenntnis habe, brauche es gerade in Zeiten der Polarisierung. Es bereichere die Kirche, wenn sie sich über die unterschiedlichen Traditionen und Prägungen in ihr freue. Deshalb würde er sich auch für die Zukunft wünschen, dass die Kirche weiterhin eine Institution bleibe und breit in die Gesellschaft wirke. "Aber dafür müssen wir uns radikal verändern und schneller agieren", betonte der württembergische Landesbischof.

Im PGB Baden-Württemberg treffen sich rund 250 Vikar:innen, Pfarrer:innen im aktiven Dienst und im Ruhestand zu theologischen Tagungen und regelmäßigem Bibellesen, Gebet und Erfahrungsaustausch. Der Dachverband PGB Deutschland bringt die Zeitschrift "Theologische Beiträge" heraus, die alle zwei Monate erscheint.

Die Tagung zum Thema "Tod - und was dann?" in Friolzheim mit rund 100 Teilnehmern geht noch bis Freitag (2. Juni). Referenten sind Hanna Stettler, außerplanmäßige Professorin an der Universität Tübingen und ihr Mann Christian Stettler, der unter anderem Privatdozent an der Universität Zürich ist.

Landesbischof Gohl wird 60

Landesbischof Gohl wird am Samstag (3. Juni) 60 Jahre alt. Anlässlich des runden Geburtstages werde es im Nachgang einen Gottesdienst mit kleinem Festakt geben, teilte die württembergische Landeskirche am Donnerstag in Stuttgart mit. Gohl ist seit März 2022 Landesbischof und war zuvor ab 2006 Dekan in Ulm.

Der Theologe stammt aus einem evangelischen Pfarrhaus. Er ließ sich im Zivildienst zum Rettungsassistenten ausbilden, bevor er zum Theologiestudium nach Tübingen, Bern und Rom ging. Pfarrstellen hatte er in Böblingen und Plochingen inne, bevor er Dekan wurde. 15 Jahre lang war Gohl zudem Mitglied der württembergischen Landessynode.

Die Mitgliederbindung der Kirche nannte er nach seiner Wahl zum Bischof als seine wichtigste Aufgabe. "Wir müssen zeigen, warum es gut und wichtig ist, in der Kirche zu sein", sagte er. Über seine bisherigen Erfahrungen im Amt des Landesbischofs sagt Gohl der Mitteilung zufolge: "Ich bin immer noch am Ankommen. Die vielen engagierten und kompetenten Menschen in der kirchlichen Arbeit erlebe ich als echte Unterstützung." Er ermutigt dazu, angesichts der wachsenden Herausforderungen, vor der Kirche und Gesellschaft stehen, den Blick auf das Gelingende zu richten sowie in einer Zeit vielfacher Krisen Hoffnung zu vermitteln und als evangelische Christen für die Menschen im Land und weltweit da zu sein.

Eine seiner Überzeugungen, die er ins Bischofsamt einbringt, ist auch, dass es wichtig ist, unterschiedliche Positionen auszuhalten und ins Gespräch zu bringen. Es sei eine wichtige Aufgabe der Kirche, verhärtete Positionen aufzubrechen und Gesprächsbereitschaft herzustellen. Auch in der Landessynode galt Gohl schon als Brückenbauer.

Das laufende Jahr 2023 hat Gohl für sich unter das Motto der Jahreslosung gestellt: "Du bist ein Gott, der mich sieht" (1. Mose 16, Vers 13). Darüber hinaus hatte er zu Jahresbeginn seine guten Vorsätze für dieses Jahr gegenüber dem epd so beschrieben: "Morgens: Das Frühstück nicht zu vergessen, mittags: Innehalten beim Glockenläuten und abends: Träumen."

Gohl ist mit einer promovierten Apothekerin verheiratet und Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern. Zu seinen härtesten Lebenserfahrungen gehört der Tod eines Sohns, der im Alter von dreieinhalb Jahren verunglückte.