Neuer Expertenrat für Missbrauchsaufarbeitung

Weihbischof Helmut Dieser
© Elisabeth Schomaker/KNA-Bild
Der Aachener Bischof Helmut Dieser löst als neuer Vorsitzender der Fachgruppe Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragten ab.
Kritik von katholischen Laien
Neuer Expertenrat für Missbrauchsaufarbeitung
Die katholischen Bischöfe wollen die Aufarbeitung und den Schutz vor sexualisierter Gewalt in Zukunft neu organisieren. Eckpunkte dazu stellte der scheidende Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann in Fulda vor. Kritik zur Aufstellung äußerte die KirchenVolksKonferenz "Wir sind Kirche".

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz will die Bekämpfung und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt neu ordnen. In Zukunft solle diese Arbeit von drei getrennten Gremien geleistet werden, sagte der scheidende Missbrauchsbeauftragte, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, am Mittwoch während der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda. Dazu wird eine bischöfliche Fachgruppe und ein neuer Expertenrat gegründet. Drittes Gremium ist der bereits existierende Betroffenenbeirat. Kritik äußerte an der Neuaufstellung die KirchenVolksKonferenz "Wir sind Kirche". Weitere Details am Ende des Textes. 

Der neue Vorsitzende der Fachgruppe, der Ackermann ablösen wird, ist der Aachener Bischof Helmut Dieser. Dessen Stellvertreter wird der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. Ackermann hatte im Mai öffentlich gemacht, dass er das Amt des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs in der Bischofskonferenz bis zum Herbst abgegeben werde. Er hatte das Amt seit dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals 2010 inne.

Der neue Expertenrat, der mehrheitlich mit unabhängigen Fachleuten besetzt werden soll, soll unter anderem verbindliche Empfehlungen für die Bischofskonferenz erarbeiten. Die bisherige Arbeit des Beauftragten soll zudem evaluiert werden. Die Mitglieder der neuen bischöflichen Fachgruppe neben Dieser und Burger sollen laut Ackermann noch ernannt werden.

Der Vorsitzende der Fachgruppe und sein Stellvertreter vertreten die Bischöfe für die Fragen von Prävention und Aufarbeitung nach innen und außen. Der neue Arbeitsbereich solle sich zudem nicht mehr nur um Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs kümmern, sondern etwa auch Fragen des geistlichen Missbrauchs in den Blick nehmen. Der Feinschliff solle bis zur Frühjahrsvollversammlung 2023 ausgearbeitet werden, so Ackermann.
Ackermann sagte, man habe in den vergangenen zwölf Jahren bereits viel erreicht. Er nannte die MHG-Studie, die 2018 Tausende Missbrauchsfälle wissenschaftlich untersucht hatte, das neue System für die Anerkennungsleistungen für Missbrauchsbetroffene und die Vereinbarung mit dem Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung über einheitliche Standards für die Aufarbeitung in allen 27 Bistümern.

Der Trierer Bischof dankte den Betroffenen für ihre Bereitschaft, an der Aufarbeitung mitzuwirken. Er sagte, ihm sei bewusst, dass er in seiner Rolle als Missbrauchsbeauftragter auch Betroffene verletzt habe. Das tue ihm leid und dafür wolle er um Verzeihung bitten. Die Aufarbeitung und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs bleibe für alle Beteiligten ein "schmerzlicher Lernweg". "Ich bin aber überzeugt, dass er zu einer größeren Gerechtigkeit für die Betroffenen und zu einer tieferen Wahrhaftigkeit der Kirche führt und damit zu ihrer Erneuerung beiträgt", sagte er.

Der Aachener Bischof Dieser sagte, er gehe seine neue Aufgabe mit tiefem Respekt für die Menschen, die in der Kirche verletzt worden seien, und mit Respekt vor der Komplexität der Herausforderung an. Das Ziel sei es, in der Kirche eine Atmosphäre zu schaffen, dass Betroffene aus dem Dunkelfeld heraustreten könnten. Darin könne auch ein Beitrag für die Gesellschaft liegen. Denn Missbrauchsopfer gebe es überall.

Kritik von KirchenVolksKonferenz "Wir sind Kirche"

Unterdessen begrüßte die KirchenVolksKonferenz "Wir sind Kirche" die Ablösung von Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragten der DBK. "Angesichts der erst im Laufe der zwölf Jahre sichtbar gewordenen Dimension dieser Aufgabe wirkte er verständlicherweise oft überfordert und hilflos", schreibt der Verein.

Viel zu lange hätten die deutschen Bischöfe einen großen Teil ihrer Verantwortung auf den Missbrauchsbeauftragten abgewälzt. Doch dem seien kirchenrechtlich die Hände gebunden, es gebe keine Weisungsbefugnis gegenüber seinen Bischofskollegen. Auch wenn jetzt eine Fachgruppe gegründet werde mit Bischof Dieser und Erzbischof Burger an der Spitze, werde "dieses Grundproblem der jeweiligen bischöflichen Eigenverantwortlichkeit auch in Zukunft ein Hemmschuh sein".

Anders als nach der Vorstellung der MHG-Studie in der Herbstvollversammlung der DBK am 25. September 2018 in Fulda versprochen, als der damalige Vorsitzende Kardinal Reinhard Marx von einem Wendepunkt sprach, seien auch die heute vorgestellten Eckpunkte einer neuen Struktur "nur mit geringer Beteiligung der Betroffenen und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken entstanden". Dies sei keine "gute Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit", teilte die KirchenVolksKonferenz mit.