TV-Tipp: "Käthe und ich: Im Schatten des Vaters"

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17. September, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Käthe und ich: Im Schatten des Vaters"
Abgesehen vom Gelegenheitspublikum wissen die meisten Zuschauerinnen, was und wer sie auf bestimmten Sendeplätzen erwartet. Bei den Hauptfiguren der Freitagsreihen ist das ungleich schwieriger, zumal die Schlagzahl geringer ist.

Wenn zwölf Monate zwischen den Filmen liegen, ist zumindest bei den Nebenfiguren jedes Mal eine Neuorientierung nötig. Gerade bei den Arzthelferinnen aus "Eifelpraxis", "Praxis mit Meerblick" oder "Käthe und ich", die zudem alle einem ähnlichen Typ entsprechen, kann man leicht durcheinanderkommen. In der fünften Episode von "Käthe und ich" rückt Jasmina (Anna Hausburg), bislang vor allem unglücklich in ihren Chef verliebt, auf ganz andere Weise ins Zentrum: Die junge Frau möchte ihrem schwer erkrankten Halbbruder einen Teil ihrer Leber spenden. In solchen Fällen müssen sich Spenderinnen und Spender den Fragen einer Ethikkommission stellen, und die weigert sich, eine Empfehlung auszusprechen; für Roman (Nico Ramon Kleemann) ist dies gleichbedeutend mit einem Todesurteil.

Die sogenannten Medicals im "Ersten" haben stets auch einen mal mehr, mal weniger großen kriminalistischen Anteil, weil oft nicht auf Anhieb ersichtlich ist, woran die Menschen leiden. Bei "Käthe und ich" gibt es diese Ebene ebenfalls, denn auch Psychologe Paul Winter (Christoph Schechinger) muss nach Ursachen forschen. In diesem Fall will er rausfinden, ob Romans Lebensmüdigkeit mit der Krankheit zusammenhängt oder womöglich psychische Gründe hat. Außerdem fragt er sich, warum Jasmina das Risiko der Lebendspende eingeht, obwohl sie ihren Bruder im Grunde gar nicht kennt. Die Schwerpunkte der Filme liegen ohnehin längst nicht mehr allein auf der tiergestützten Therapie. Trotzdem spielt die treue Hündin Käthe nach wie vor eine entscheidende Rolle; diesmal leistet sie Roman wertvollen seelischen Beistand. Nicht nur an dieser Figur zeigt sich, wie sensibel und differenziert Brigitte Müller, die sämtliche Drehbücher für die Reihe geschrieben hat, mit dem Thema umgeht: Teenager Roman ist ein sichtbar unglücklicher junger Mann. Paul ahnt, dass die Abwesenheit jeglicher Form von Lebensbejahung nicht nur mit seiner Krankheit zu tun hat. Die Antwort auf die Frage nach der eigentlichen Ursache ergibt sich quasi von selbst, als er den Vater der beiden jungen Leute kennenlernt. Es war eine ausgesprochen clevere Idee, diese Rolle ausgerechnet mit Uwe Ochsenknecht zu besetzen: Der Publikumsliebling verkörpert den Bühnenstar zwar als männliche Diva, hat aber sorgsam darauf geachtet, die Figur nicht durch Übertreibungen zur Parodie verkommen zu lassen.  

Die horizontale Erzählung der Reihe spielt sich zwar eher im Hintergrund ab, aber sie hat entscheidenden Anteil daran, dass auch Paul nicht gerade vor guter Laune sprüht: Seit ihn seine Frau Erina (Nadja Bobyleva) verlassen hat, weil sie nach einem Unfall keine Kinder mehr bekommen kann, ist sein privates Glück ein Scherbenhaufen. In einer der berührendsten Szenen des Films ruft er sie an, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Seine beste Freundin und Mitbewohnerin Jule (Mona Pirzad) versteht nicht, dass er nicht um Erina kämpft, aber die Wahrheit ist eine ganz andere, und sie bricht ihm das Herz. 

Regie führte Oliver Liliensiek, der bislang in erster Linie Episoden für verschiedene ZDF-Serien gedreht hat. Sein Film zeichnet sich vor allem durch die ausgezeichnete Arbeit mit dem Ensemble aus. Gerade der junge Nico Ramon Kleemann, die Entdeckung als zweiter Titeldarsteller neben Florian David Fitz in dem Drama "Kästner und der kleine Dienstag" (2017), macht seine Sache mit scheinbar wenig Aufwand außerordentlich gut. Ähnlich sparsam agiert Christoph Schechinger, der als melancholischer Sympathieträger den kompletten Film lang ohne ein einziges Lächeln auskommt. Seine Größe zeigt sich nicht zuletzt in den Szenen mit Ochsenknecht: Es braucht Format, um nicht nur dem selbstverliebten Antagonisten, sondern auch dessen prominenten Darsteller die Stirn zu bieten. Angenehmerweise verzichtet der Regisseur zudem darauf, den Australian Shepherd zu vermenschlichen: Anders als in früheren Episoden ist Käthe kein nachträgliches Gejaule ins Maul gelegt worden. Die ausgiebigen Landschaftsbilder der Gegend rund um Waren an der Müritz sind zwar ein Tribut an den Sendeplatz, aber immerhin schön anzuschauen.