Ein Kirchentag für Christen und Muslime?

Ein Kirchentag für Christen und Muslime?
Vor Abschluss des 2. Ökumenischen Kirchentags (ÖKT) in München hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) einen gemeinsamen Kirchentag von Christen und Muslimen ins Gespräch gebracht. Der ÖKT wird am Samstag unter anderem mit Veranstaltungen zur aktuellen Wirtschaftskrise und zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan fortgesetzt.

Er wünsche sich "gemeinsame Feste, kontroverse Debatten und verbindende Gespräche mit dem Islam und im Islam", schreibt der Minister in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". Der Ökumenische Kirchentag habe ein "wunderbar buntes Bild gezeichnet", schreibt de Maizière, der dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages angehört. Wieder einmal sei deutlich geworden, dass trotz allem Trennenden zwischen den christlichen Konfessionen "mehr Miteinander, ein besserer Dialog und vor allem gemeinsames und konstruktives Streiten möglich ist".

"Während dieser Tage in München habe ich mich gefragt, wie lange brauchen wir wohl noch, um so eine Veranstaltung auch mit dem Islam zu veranstalten?", schreibt das protestantische Regierungsmitglied in dem Beitrag, der in Auszügen vorab veröffentlicht wurde. Der christlich-muslimische Dialog war einer der Schwerpunkte des Ökumenischen Kirchentags. Im Zentrum der Debatten stand unter anderem die Absage des Zentralrats der Muslime an die zweite Runde der Deutschen Islamkonferenz, die am Montag beginnt.

Küng für zweite Reformation

Nach Ansicht des katholischen Theologen Hans Küng brauchen die christlichen Kirchen eine zweite Reformation. Diesmal jedoch nicht zur Spaltung, sondern zur Einheit, sagte der 82-Jährige am Freitagabend bei einer Veranstaltung auf dem Kirchentag. Der evangelische Theologe Jürgen Moltmann warnte vor einer "Legoland-Ökumene", bei der die Kirchen lediglich Bausteine ihrer Traditionen zusammenwerfen.

Ökumene bedeute Erneuerung, fügte der 84 Jahre alte Moltmann in der überfüllten Messehalle unter Applaus hinzu: "Nicht die Einheit bringt die Erneuerung, sondern die Erneuerung bringt die Einheit." Er warnte zugleich mit Blick auf die sexuellen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche vor "protestantischem Hochmut" oder einem "evangelischen Überlegenheitsgefühl". Jetzt sei vielmehr Solidarität gefragt. Moltmann und Küng forderten gemeinsam eine rasche Einigung in der Abendmahlsfrage. Es gebe schon lange keine theologischen Lehrdifferenzen mehr, die eine eucharistische Gemeinschaft von Katholiken und Protestanten verhinderten, betonte Moltmann.

Demonstration für gemeinsame Mahlfeier

Kirchliche Reform- und Basisgruppen wollen am Samstagabend in der Münchner Innenstadt am Rande des Kirchentages mit einer Menschenkette für eine "gemeinsame Mahlfeier" demonstrieren. Gefordert wird die sofortige Aufhebung der Trennung beim Abendmahl. Am Abend veranstaltet die Reformbewegung "Wir sind Kirche" in München einen "inoffiziellen" ökumenischen Abendmahlgottesdienst - ebenfalls außerhalb des Porgramms des Ökumenischen Kirchentages. Die Debatte um das gemeinsame Abendmahl ist eines der zentralen Themen des Christentreffens. Katholiken ist derzeit der Empfang des Abendmahls in einer evangelischen Kirche nicht gestattet. Nach katholischer Lehre wird in der evangelischen Kirche dieses Sakrament nicht gültig gespendet.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, muss sich die Kirche neu auf ihre Botschaft des Friedens besinnen. "Unsere Welt hat nur dann eine Zukunft, wenn wir es schaffen, dass Frieden herrscht", sagte er am Freitag bei einem liturgischen Abend in München. Obwohl an Weihnachten die Botschaft des Friedens verkündet wurde, hätten die Christen den Frieden oft vergessen. Der Friede sei nicht machbar, sondern ein Geschenk Gottes, um das man beten soll, betonte der Freiburger Erzbischof.

Christina Stürmer rockt

Im Kulturprogramm des Kirchentags trat am Freitagabend die österreichische Sängerin Christina Stürmer vor rund 10.000 Besuchern auf der Theresienwiese auf. Der 2. Ökumenische Kirchentag endet am Sonntagvormittag mit einem Gottesdienst. Mehr als 125.000 Dauerteilnehmer beteiligen sich an dem Treffen. Der 1. Ökumenische Kirchentag wurde 2003 in Berlin gefeiert.

epd