Gericht kippt Sonntagsöffnung im Norden

Gericht kippt Sonntagsöffnung im Norden
Erfolg für die Kirchen: Das Oberverwaltungsgericht in Greifswald hat die sogenannte Bäderregelung in Mecklenburg-Vorpommern gekippt. Demnach durften an bis zu 44 Sonntagen im Jahr die Geschäfte öffnen.

Das Greifswalder Oberverwaltungsgericht (OVG) hat die sogenannte Bäderregelung des Landes Mecklenburg-Vorpommern gekippt. In einem am Mittwoch verkündeten Urteil erklärte das Gericht die Regelung für unzulässig, wonach in 149 Orten und Ortsteilen an bis zu 44 Sonntagen im Jahr zwischen 11.30 und 18.30 Uhr die Läden geöffnet werden können. Das Verfahren beruht auf einer Klage der beiden evangelischen Landeskirchen sowie der katholischen Erzbistümer Berlin und Hamburg.

In ihrer Urteilsbegründung wies die Vorsitzende Richterin Hannelore Kohl darauf hin, dass die seit April vergangenen Jahres geltende "Bäderregelung" nicht den erforderlichen "Charakter einer Ausnahmeregelung" erkennen lasse. Vielmehr verstießen deren Vorschriften gegen das für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vom Grundgesetz festgelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis. Die "Bäderregelung" ermögliche nämlich fast ganzjährig den gewerblichen Verkauf an Sonntagen. Davon ausgenommen sei lediglich der Verkauf in Baumärkten sowie Möbel- und Autohäusern.

Der Sonntag als Tag der Erholung

Die anwesenden Kirchenvertreter begrüßten das Urteil. Die Richter hätten mit ihrer Entscheidung den Sonntag als Tag der Erholung gestärkt, sagte der pommersche Bischof Hans-Jürgen Abromeit. Damit sei anerkannt worden, dass der Sonntagsschutz "weit über die religiöse Bedeutung hinaus geht" und ein kommerzielles Interesse allein für derartige Verordnungen nicht reiche.

Der Sonntag sei generell der Tag, der den Menschen und der Gesellschaft die nötige Besinnung bringe, sagte der mecklenburgische Landesbischof Andreas von Maltzahn. "Der Sonntag als arbeitsfreier Tag wehrt der Tendenz der Ökonomisierung aller Lebensbereiche."

Auch die Erzbistümer Hamburg und Berlin zeigten sich in einer ersten Stellungnahme "sehr erfreut" über die Sonntagsschutz-Entscheidung. "Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war allerdings auch nichts anderes zu erwarten", erklärte der Berliner Erzbischof Georg Sterzinsky. "Das OVG Greifswald war klug, mit seiner Entscheidung auf die Karlsruher Entscheidung zu warten. So haben wir nun insoweit eine stimmige Rechtslage." Das Bundesverfassungsgericht hatte Ende vergangenen Jahres in einem Grundsatzurteil zum Berliner Ladenöffnungsgesetz lediglich die ausnahmsweise Sonntagsöffnung der Geschäfte bestätigt.

Land kann Zulassung der Berufung beantragen

Der Vize-Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Ingo Schlüter, bedankte sich bei den Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern, "die mit diesem Rechtsstreit die gemeinsame Position von Gewerkschaft und Kirche zur Sonntagsruhe und zum Arbeitnehmerschutz durchgesetzt haben".

Der Vertreter des Schweriner Wirtschaftsministeriums räumte ein, das Land sei mit der in der Verordnung festgelegten Zahl verkaufsoffener Sonntage "vielleicht etwas übers Ziel hinaus geschossen". Das Land wolle die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, um dann zu entscheiden, "welchen Weg wir weiter gehen". Das Land Mecklenburg-Vorpommern kann gegen das Urteil beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Zulassung der Berufung beantragen. Bis zur Rechtskraft des Urteils bleibt die angegriffene Bäderverkaufsverordnung in Kraft.

Die Kirchen hatten kurz nach Inkrafttreten der Bäderverordnung im Februar 2008 gegen die Regelung geklagt. Noch bevor das Oberverwaltungsgericht eine Entscheidung fällte, schränkte das Land auf Anregung des Gerichts die Bäderverordnung in einigen Punkten ein. Dies ging den Kirchen aber nicht weit genug.

epd