Odenwaldschule: Missbrauch noch in den 1990er Jahren

Odenwaldschule: Missbrauch noch in den 1990er Jahren
An der südhessischen Odenwaldschule wurden Schüler nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" noch bis weit in die 1990er Jahre hinein von Lehrern sexuell missbraucht. Das hessische Kultusministerium soll früher als bisher bekannt über die Vorkommnisse informiert gewesen sein.

Zudem hätten sich Schüler gemeldet, die von anderen Schülern misshandelt worden sind, berichtete die Zeitung am Mittwoch. Nach Auskunft der Rektorin Margarita Kaufmann habe es "furchtbare Misshandlungen" wie das Versengen und Verbrühen von Genitalien gegeben. Mehrere Schüler sollen dem Bericht zufolge einen Vorfall beschrieben haben, bei dem ein gefesselter Schüler von Mitschülern mit einer Banane vergewaltigt worden sei.

Der verantwortliche Lehrer soll untätig daneben gestanden haben. Derselbe Lehrer werde beschuldigt, in seiner Zeit an der UNESCO-Modellschule sowohl Jungen als auch Mädchen missbraucht zu haben. Er war bis 1999 an der Schul tätig. Kaufmann äußerte sich schockiert: "Ich frage mich, wie das passiert sein kann, ohne dass Lehrer die schrecklichen Schmerzensschreie gehört haben."

Becker blieb Berater des Ministeriums

In wachsende Erklärungsnot gerät nach Informationen der "Frankfurter Rundschau" auch das hessische Kultusministerium. Dieses sei weitaus früher über den Missbrauchskandal an der Odenwaldschule informiert gewesen als bislang bekannt. Demnach wusste der damalige Kultusminister Hartmut Holzapfel (SPD) bereits seit August 1998 von den Vorwürfen gegen den ehemaligen Rektor Gerold Becker. Gleichwohl blieb dieser noch bis November 1999 offiziell Berater des Ministeriums.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen acht Ex-Lehrer der Odenwaldschule in Heppenheim. Wann mit ersten Ergebnissen zu rechnen ist, ist bislang offen. Rund 40 Alt-Schüler erhoben in den vergangenen vier Wochen Vorwürfe. Sie wurden vermutlich über Jahrzehnte hinweg sexuell missbraucht.

epd