Hartz-IV-Empfänger müssen zumutbare Arbeit annehmen

Hartz-IV-Empfänger müssen zumutbare Arbeit annehmen
Der umstrittene Vorschlag von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), eine Arbeitspflicht für Langzeitarbeitslose einzuführen, geht ins Leere. Zum einen, weil nach geltendem Recht Bezieher des Arbeitslosengeldes II bereits zur Annahme jeder zumutbaren Arbeit verpflichtet sind. Zum anderen steht der Einführung einer Arbeitspflicht der Artikel 12 des Grundgesetzes im Wege.

Dort ist das Recht aller Deutschen verbrieft, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Eine Arbeitspflicht existiert in Deutschland nur für Gefangene im Strafvollzug. Lehnen Langzeitarbeitslose Jobs ab oder verweigern die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, wird ihnen die Unterstützung und Übernahme der Kosten für Wohnung und Heizung um 30 Prozent oder mehr gekürzt. Kommt es zu wiederholten Pflichtverletzungen, ist eine Absenkung um 60 Prozent bis zum vollständigen Stopp der Zahlungen möglich.

Grundlage dieser Sanktionen sind die sogenannten Eingliederungsvereinbarungen zwischen dem Arbeitslosem und der Arbeitsagentur. Hier wird festgelegt, welche Eigeninitiative von ihm verlangt wird und was er zu tun hat, um rasch wieder eine Stelle zu finden. Klar ist auch: Der Hilfeempfänger muss eine zumutbare Arbeit, Arbeitsgelegenheit oder Weiterbildung annehmen. Und: Er darf Eingliederungsmaßnahmen nicht abbrechen und muss sich nach Aufforderung bei der Behörde melden. Bei Verstößen gegen all diese Verabredungen kann das Arbeitslosengeld gekürzt werden.

Junge Leute besonders von Sanktionen bedroht

Besondere Härten erfahren junge Hartz-IV-Bezieher bis zum Alter von 25 Jahren, wenn sie ihre Pflichten verletzen. Hier droht die vollständige Kürzung des Regelsatzes schon bei der ersten Verfehlung. In diesem Fall werden nur noch die Kosten der Unterkunft und die Heizkosten übernommen. Wiederholt sich die Pflichtverletzung, dann werden auch Miete und Heizung nicht mehr bezahlt. Die Dauer dieser Strafe ist auf drei Monate begrenzt. Während dieser Sanktion steht der Betroffene unter Umständen völlig mittellos dar, denn er hat in dieser Zeit auch keinen Anspruch auf Sozialhilfe.

Nach den jüngsten Zahlen der Bundesagentur verhängten die Jobcenter allein von Januar bis August 2009 in 68.500 Fällen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher, weil sie die Aufnahme einer Arbeit oder Ausbildung ablehnten. Insgesamt wurden in den acht Monaten 488.000 Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt, vor allem wegen Verstößen gegen die Meldepflicht.

Koch hatte in einem Interview der "Wirtschaftswoche" verlangt, Hartz-IV-Empfänger müssten "als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung" einer Beschäftigung nachgehen, "auch niederwertige Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung". Es könne kein funktionierendes Arbeitslosenhilfesystem geben, "das nicht auch ein Element von Abschreckung enthält". Die Pflicht zur Annahme zumutbarer Arbeit ist davon nicht berührt, weil in diesem Fall der Bezug von Arbeitslosengeld II endet.

epd