Koch will Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger

Koch will Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat mit seinem Vorschlag, Hartz-IV-Empfänger sollten zur Arbeit verpflichtet werden, für heftige Kritik gesorgt. Ein Sprecher der Betroffenen sprach von "übler Hetze" und nannte Koch einen "Brandstifter". Empört äußerte sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).

Niemand dürfe "das Leben von Hartz IV als angenehme Variante" ansehen, sagte Koch der "Wirtschaftswoche". Deshalb müsse jedem Empfänger von Arbeitslosengeld II abverlangt werden, dass er einer Beschäftigung nachgeht, "auch niederwertiger Arbeit, im Zweifel in einer öffentlichen Beschäftigung". Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ging auf Distanz zum stellvertretenden CDU-Chef. Sie wies darauf hin, dass es bereits jetzt ausreichende Sanktionen für den Fall gebe, dass zumutbare Jobs abgelehnt werden. 

Es könne kein "funktionierendes Arbeitslosenhilfe-System geben, das nicht auch ein Element von Abschreckung enthält", sagte Koch. Mit einer solchen Regelung müssten aber höhere Hinzuverdienstgrenzen einhergehen, damit sich Arbeiten auch lohne. "Im Augenblick geben wir den Beteiligten das Signal, sich in Hartz IV mit einem kleinen Zusatzjob einzurichten. Denn wenn sie mehr eigene Anstrengungen unternehmen, ist das zu ihrem Nachteil."

"Beschimpfungen lösen das Problem nicht"

Von der Leyen erklärte in Berlin, viele Hartz-IV-Empfänger könnten nicht arbeiten, weil sie keine Kinderbetreuung finden, keine Schulbildung oder keinen Beruf haben. "Das Problem lösen wir nicht, indem wir sie beschimpfen, sondern gezielt helfen." Es gebe zwar einige schwarze Schafe. "Aber deswegen dürfen wir nicht alle Hartz-IV-Empfänger in eine Ecke stellen." Die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten müssten allerdings überall konsequent angewendet werden. Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe im Bundestag, Peter Weiß, betonte, dass das Gesetz bereits jetzt Sanktionen vorsehe, die aber strenger angewendet werden müssten.

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Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagte der "Welt am Sonntag": "Es ist schon fast unanständig, mit diesem Vorstoß zu suggerieren, dass die Arbeitslosen arbeitsscheu wären." Die übergroße Mehrheit der Arbeitslosen suche händeringend nach anständiger, guter und zumutbarer Arbeit. Der Sprecher des Erwerbslosenforums, Martin Behrsing, erklärte, mit seinen «brutalstmöglichen Vorschlägen" sei Koch sei "ein Brandstifter von sozialen Unruhen". Der CDU-Vize vertrete einzig die Interessen des Kapitals, deren Vertreter maßgeblichen Anteil an der Arbeitslosigkeit hätten. Statt einer Arbeitspflicht und Ausweitung der Minijobs seien ein Mindestlohn von 10 Euro und eine sofortige Anhebung des Hartz-IV-Eckregelsatzes auf 500 Euro nötig.

"Was Koch da absondert, ist mittelalterlich", kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst. "Wer in die Arbeitslosenabsicherung ein Abschreckungselement einbauen will, riskiert mit voller Absicht, dass Menschen auf der Strecke bleiben." Arbeitslose müssten schon heute nahezu jeden angebotenen Job annehmen, wenn sie nicht ihre Unterstützung riskieren wollen. "Die einzige noch mögliche Verschärfung wäre ja, dass man die Menschen zwingt, ganz ohne Lohn zu arbeiten."

epd