Schwarz-Gelb in Klausur: Ausflug mit Problemen

Schwarz-Gelb in Klausur: Ausflug mit Problemen
Die Regierung der Tigerenten-Koalition trifft sich zur Klausurtagung in Brandenburg, um drei Wochen nach dem Start alles, was so anliegt, ausführlich zu diskutieren. Und zu diskutieren gibt es viel: Energie, Gesundheit, Steuern, überhaupt das Geld und die Pläne der FDP. Auf den kleinen Koalitionspartner kommt einiges zu, was die Umsetzbarkeit von Wahlversprechen angeht.
16.11.2009
Von Marc-Oliver von Riegen

So ein bisschen ist es wie eine Klassenfahrt oder ein Betriebsausflug: Die schwarz-gelbe Regierung zieht sich für zwei Tage in die brandenburgische Provinz zurück, ins Schloss Meseberg nördlich von Berlin. Ganz so munter wie auf solchen Ausflügen wird es aber wohl nicht werden. Denn mit im Gepäck haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister einen Haufen Probleme, die sich nach drei Wochen Koalition schon angestaut haben: die Steuerreform, Änderungen am Gesundheitsfonds, die Zuständigkeit für Energiepolitik und wohl auch die umstrittene Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach. Die Linksfraktion spricht schon von einer Krisensitzung.

Koalitionsvertrag ist schwammig formuliert

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wird dem Koalitionspartner FDP möglicherweise einen kleinen Strich durch die von den Liberalen ersehnte große Steuerreform machen. Er wird an diesem Dienstag, 17. November, die Zahlen für den Haushalt 2010 und die Folgejahre präsentieren. Auch wenn die nächste Steuerschätzung im Mai die Grundlage für die Pläne weiterer Entlastungen ab 2011 werden soll: Schäuble wird schon jetzt den Spielraum für Entlastungen und Tarifänderungen benennen. FDP-Chef Guido Westerwelle lässt Bereitschaft erkennen, über den Umfang zu verhandeln. Frei nach dem früheren Kanzler Helmut Kohl (CDU) sagt er: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt."

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Westerwelle beruft sich auf das Versprechen weiterer Entlastungen und einer Steuerreform im Koalitionsvertrag. Allerdings gibt es einen Haken: Union und FDP haben die heiklen Stellen so formuliert, dass sich beide Seiten wiederfinden können. Strittige Fragen lassen sich unterschiedlich interpretieren. Merkel nannte in ihrer Regierungserklärung das Jahr 2011 für zusätzliche Entlastungen. Letztlich wird wohl die Kassenlage entscheiden. Im Koalitionsvertrag steht "möglichst 2011". Interpretationsspielraum auch anderswo: Einer aus der CSU-Führungsebene sagt, der Satz zur Gesundheitsreform umfasst alle Meinungen, ist aber inhaltlich nicht in ein einzelnes Konzept zu gießen.

Signal der Klausur: Tempo, aber "handwerklich solide"

Die großen Brocken Steuern und Gesundheit werden in der idyllischen Provinz wohl nicht abschließend entschieden. Für die Gesundheitsreform wird vermutlich bis Jahresanfang ein Vorschlag für eine Expertengruppe vorliegen. Dennoch betont die Regierung, dass das Signal der Klausur sein soll, Tempo zu machen. "Wir arbeiten handwerklich zügig, aber auch solide", heißt es in Regierungskreisen, um sich von der großen Koalition abzugrenzen. Die Opposition frohlockt. Grünen-Chef Cem Özdemir wünscht der neuen Regierung: "Schwarz-Gelb sollte in sich gehen, sollte die Köpfe lüften."

In die Klausur könnte die Entscheidung des Bundes der Vertriebenen platzen, ihre Präsidentin Steinbach in den Beirat der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zu wählen. Westerwelle droht wegen scharfer Kritik Polens mit einem Veto im Kabinett. Letztlich entscheidet die Regierung über den Sitz im Stiftungsrat.

Bei allem Streit geht es in Meseberg aber auch um "Teambildung", wie es heißt. Schließlich soll "ein gemeinsames Verständnis" für die Steuer- und Gesundheitsreform gefunden werden. Salopper ausgedrückt: Wenn der erste Arbeitstag rum ist, soll's Bier und Wein geben.

dpa