Nicht die Leistung entscheidet übers Gehalt

Nicht die Leistung entscheidet übers Gehalt
Hohe Gehaltszahlungen und Abfindungen für Spitzenmanager haben in den vergangenen Wochen und Monaten die Frage aufgeworfen, ob diese Zahlungen moralisch und wirtschaftlich gerechtfertigt sind. Der Präsident des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft, Ulf D. Posé, begründet im Interview, warum er eine Begrenzung der Managergehälter ablehnt und welche Kriterien der Entlohnung zugrunde liegen. Mit Posé sprach Jürgen Prause vom epd.

Frage: Bundeskanzlerin Merkel hat "absolut kein Verständnis" dafür, dass der zurückgetretene Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick bei einer nur sechsmonatigen Amtszeit Gehaltsansprüche von bis zu 15 Millionen Euro aus seinem Fünf-Jahres-Vertrag hat. Sind solche Zahlungen aus Ihrer Sicht angemessen und gerecht?

Posé: Gehaltszahlungen sind zunächst keine Frage der Gerechtigkeit, sondern der Angemessenheit. Die Höhe richtet sich in aller Regel nach dem Wertschöpfungsbeitrag und nicht nach der Leistung.

Frage: Darf ein Spitzenmanager ein Vielfaches eines "normalen" Angestellten verdienen?

Posé: Unter bestimmten Voraussetzungen ja. Wenn Spitzenmanager die strategisch richtigen Entscheidungen fällen, die richtigen Märkte definieren und die Produktpalette und Produktionsbedingungen optimieren lassen, dann kann das sehr viel mehr Wert sein, als die Arbeit eines 'normalen' Angestellten.

Frage: Wie ist das einem Normal- oder Niedrigverdiener zu vermitteln?

Posé: Indem man endlich einmal die tatsächliche Ursache der Entlohnung vermittelt. Wir leben in dem Irrglauben, dass die Leistung die Grundlage der Entlohnung sei. Tatsächlich ist jedoch die Verwertbarkeit der Leistung die Ursache des Gehalts. Ein Produkt, das niemand haben will, ist leider nichts wert, gleichgültig, wie viel Leistung in seine Produktion gesteckt wurde. So ist die tatsächliche Grundlage der Entlohnung die Kombination aus Marktwert und Nutzwert.

Frage: Welche Kriterien sollten für die Höhe von Managergehältern und Bonuszahlungen angelegt werden?

Posé: Zunächst ist es der Wertschöpfungsbeitrag. Es muss ein Mehrwert entstehen, an dem der Mitarbeiter beteiligt wird. Jeder muss daran beteiligt werden, der einen Beitrag geleistet hat, da darf niemand ausgeschlossen werden.

Frage: Wann können Zahlungen an Spitzenmanager als unangemessen oder ungerechtfertigt gelten?

Posé: Zahlungen sind dann unangemessen, wenn der Gegenwert nicht vorhanden oder überhaupt nicht messbar ist.

Frage: Sollte es Obergrenzen bei der Bezahlung von Topmanagern geben?

Posé: Nein. Ich halte Eingriffe in die Vertragsfreiheit für gefährlich. So lange der Nutzen der Arbeit steigt, sollte auch der Lohn steigen dürfen, das gilt für jeden Arbeitnehmer, auch für Spitzenmanager.

Frage: In der Politik wird jetzt eine Begrenzung von Bonuszahlungen für Manager angestrebt. Ist das aus Ihrer Sicht gerechtfertigt?

Posé: Nein, ich halte das für populistisch. Der einzige psychologische Faktor, der meiner Meinung nach eine Rolle bei der Höhe der Bezahlung spielen darf, und vielleicht sogar muss, ist die Frage der sozialen Akzeptanz einer Bezahlung. Wenn nur eine kleine Gruppe am Mehrerfolg eines Unternehmens beteiligt wird, und alle anderen leer ausgehen, dann fehlt die soziale Akzeptanz. Das darf ein Unternehmen nicht aus dem Auge verlieren.