Sozialethiker warnt vor Ideologie in evangelischer Friedensdebatte

Sozialethiker warnt vor Ideologie in evangelischer Friedensdebatte
Die Diskussion um die evangelische Friedensethik geht weiter. Der Wiener Theologe Ulrich Körtner warnte in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) davor, die Formel vom gerechten Frieden zu einer "ideologischen Parole" verkommen zu lassen.

Er kritisierte damit Äußerungen der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann. Die ehemalige Bischöfin bekräftigte unterdessen ihre Auffassung, Krieg könne niemals gerecht sein. Es sei Aufgabe der Religionen, zum Frieden zu rufen, schreibt sie in einem Gastbeitrag in der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe).

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Friedensbewegte Äußerungen lägen möglicherweise im volkskirchlichen "Mainstream", sagte Körtner. Doch moralische Fehlurteile würden durch beständige Wiederholung nicht richtiger. "Wer aber bloß die Rhetorik des gerechten Friedens bemüht, handelt nicht nur politisch unverantwortlich, sondern gerät auch theologisch ins Abseits", ergänzte der Sozialethiker.

Käßmann: "Einen gerechten Krieg kann es nicht geben"

Käßmann hatte kurz nach dem 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie (6. Juni 1944) gesagt: "Einen gerechten Krieg kann es nicht geben. Selbst beim Zweiten Weltkrieg war es so, dass am Ende bei allen die Vernunft aussetzte." Als Beispiele nannte sie die Bombardierung von Städten und die Versenkung der "Wilhelm Gustloff", die deutsche Flüchtlinge an Bord hatte.

Mit diesen Äußerungen stelle die frühere EKD-Ratsvorsitzende die ethische Rechtmäßigkeit des Krieges gegen Hitler infrage, kritisierte Körtner. Dass eine solche Aussage in der evangelischen Kirche unwidersprochen bleibe, sei "einigermaßen erstaunlich". Käßmann berufe sich immer wieder auf die EKD-Friedensdenkschrift von 2007, sagte der Theologe. Für eine "radikalpazifistische Lesart" biete dieser Text jedoch keinen Anhaltspunkt. Die EKD stelle zwar klar, dass man mit militärischen Mitteln keinen Frieden gewinnen könne. Ebenso deutlich sei darin aber auch vom militärischen Einsatz zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechts die Rede.

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In der "Süddeutschen Zeitung" warnte Käßmann vor einer Instrumentalisierung der Religionen. Diese dürften sich nicht missbrauchen lassen, "um Öl in das Feuer ethnischer, religiöser, nationaler oder wirtschaftlicher Konflikte zu gießen". Aufgabe der Religionsgemeinschaften sei, zum Frieden zu rufen: "Es braucht den gebildeten, selbstkritischen Glauben, um jeder Form von Fundamentalismus zu widerstehen und den Verlockungen von Hass und Gewalt." Die ehemalige Bischöfin wiederholte in dem Beitrag auch ihre Kritik an deutschen Rüstungsexporten. Diese seien ein Skandal.