Heino Ferch: "Man muss wissen, wo man geschichtlich steht"

Heino Ferch als Dr. Herbert Sattler im ZDF-Drama "Das Attentat".
Foto: Petro Domenigg
Heino Ferch als Dr. Herbert Sattler im ZDF-Drama "Das Attentat".
Heino Ferch: "Man muss wissen, wo man geschichtlich steht"
17 Millionen Menschen starben im Ersten Weltkrieg. Das Historiendrama "Das Attentat – Sarajevo 1914" (Montag, 28.4., 20.15 Uhr, ZDF) nimmt den Zuschauer mit in die Zeit kurz vor der Katastrophe: In Sarajevo wird der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet. In dem aus Fakten und Fiktion gemischten Thriller soll der Untersuchungsrichter Leo Pfeffer (Florian Teichtmeister) die Hintergründe des Attentats aufklären. Aber die Kriegstreiber wollen das verhindern - darunter auch der Arzt Herbert Sattler, gespielt von Heino Ferch.

Herr Ferch, im Film "Das Attentat – Sarajevo 1914" spielen Sie einen deutschen Arzt, der bei den Ereignissen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs eine Rolle spielt. Was ist das für ein Typ?

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Heino Ferch: Er ist einer dieser Menschen, die dafür sorgen, dass die Interessen der verschiedenen Mächte umgesetzt werden. Lobbyist ist fast zu harmlos ausgedrückt: Er ist eine Art Spion. Man muss dazu sagen, dass es eine fiktive Figur ist.

Was ist für Sie das Besondere an dem Film?

Ferch: Ein Film über Sarajevo 1914 ist natürlich generell interessant. Das Besondere ist aber der clevere Kniff, den Autor Martin Ambrosch und Regisseur Andreas Prochaska gefunden haben: Sie stellen den Ermittlungsrichter Leo Pfeffer, den es wirklich gegeben hat, als Spielball der Mächte in den Mittelpunkt. Er soll das Attentat aufklären, aber er kann seinen Job nicht machen, denn man will unbedingt den Krieg gegen Serbien und nimmt das Attentat als Vorwand. Niemand will die Wahrheit wissen, Pfeffer ist nur als Marionette eingesetzt.

Könnte es für ein breites Publikum nicht zu ambitioniert sein, dass der Film diese Innenansicht der Vorgänge vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs schildert?

Ferch: Es ist in der Tat ein Film, den man von Anfang an genau verfolgen muss, um die inhaltliche Linie nicht zu verlieren. Vieles wird subtil zwischen den Zeilen und nicht vordergründig erzählt. Das erfordert natürlich aufmerksame Zuschauer. Ich bin mir aber sicher, dass der Film sein Publikum findet, denn er ist sehr intensiv und kraftvoll.

"Man muss als Schauspieler genau wissen, wo man geschichtlich steht"

Sie sehen als heruntergekommener deutscher Arzt irgendwie anders aus als sonst. Was haben Sie äußerlich getan, um sich in die Figur zu verwandeln?

Ferch: Ich finde, ich komme als ziemlicher Strizzi rüber, der ein Zwischenleben führt. Ich hatte ein komplettes Haarteil, das für mich angefertigt wurde, und die Maskenabteilung hat mit Schattierungen und Fett alles daran gesetzt, ein etwas heruntergekommenes Äußeres zu kreieren. Dazu kommt natürlich die entsprechende Kostümierung. Ich finde, das ist äußerlich sehr gut gelungen. Überhaupt sucht die Stilsicherheit von Andreas Prochaska ihresgleichen, wenn es darum geht, einen authentischen Look hinzukriegen, was ihm bei "Das Attentat" exzellent geglückt ist.

Sie sind bekannt dafür, dass Sie sich akribisch auf Ihre Rollen vorbereiten. Wie haben Sie sich der Thematik diesmal genähert?

Ferch: Es gibt ein ganz starkes Buch, "Die Schlafwandler" von Christopher Clark, das im Augenblick fast eine Art Bibel für alles rund um den Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist. Vor allem da habe ich mich sehr intensiv informiert, denn man muss als Schauspieler genau wissen, wo man geschichtlich steht.

Glauben Sie, dass die Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg nach 100 Jahren noch eine aktuelle Bedeutung hat?

Ferch: Unbedingt, denn gibt es einen aktuelleren Bezug als die Krimkrise und das, was mit der Ukraine passiert? Nicht dass wir alle große Angst hätten, dass es wieder einen Weltkrieg gibt. Aber da gibt es diesen Mann in Russland, der ziemlich unverblümt seine Interessen durchdrückt, das erinnert schon sehr an damals. Und das bestärkt die traurige Erfahrung, dass die Menschheit aus der Geschichte nur sehr bedingt lernt.

"Ich bin gerne bereit, auf Zeitreise zu gehen"

Über den Zweiten Weltkrieg ist nicht zuletzt dank zahlreicher Fernsehfilme und Dokumentationen viel bekannt, über den Ersten Weltkrieg weniger. Wie viel wussten Sie vor den Dreharbeiten über die Zeit damals? Gab es in Ihrer Familie früher noch jemanden, mit dem Sie über die Jahre von 1914 bis 1918 sprechen konnten?

Ferch: Nein, es ist einfach zu lange her. Aber es ist eine wichtige Aufgabe für uns alle, sich jetzt zum 100. Jahrestag damit auseinanderzusetzen.

"Das Attentat" ist ja beileibe nicht Ihre erste historische Rolle, es gab "Comedian Harmonists", "Marlene", "Max Schmeling", "Die Luftbrücke" und viele weitere. Zufall oder Absicht?

Ferch: Das hat sich eher zufällig ergeben. Man findet wohl, dass ich ganz gut in diese Zeiten passe.

Empfinden Sie das als ein Kompliment?

Ferch: Das finde ich total in Ordnung. Die Leute kommen auf mich zu, bieten mir diese Stoffe an, und ich bin gerne bereit, auf Zeitreise zu gehen. Das Schöne daran ist, dass ich mich auf diese Art tiefgreifender mit Epochen und historischen Begebenheiten beschäftige, über die ich vorher nur oberflächlich Bescheid wusste. Davon profitiere ich natürlich enorm.

Gibt es eine historische Epoche, die Sie noch ganz besonders interessieren würde?

Ferch: Das muss ich auf mich zukommen lassen. Ich weiß aber noch, wie ich vor einigen Jahren für den Vierteiler "Napoleon" vor der Kamera stand. Damals haben wirklich alle männlichen Darsteller über die Mode aus dem 18. Jahrhundert mit den langen Strumpfhosen für Herren geschimpft. Das war schon sehr anstrengend und speziell.