Maischberger: Der Islam und die hilflose Moderatorin

Foto: dpa/Oliver Berg
Die derzeit im Bau befindliche Zentralmoschee in Köln.
Maischberger: Der Islam und die hilflose Moderatorin
ARD-Talkshow stellt viele Fragen und findet wenig Antworten
Mehr als vier Millionen Muslime leben in Deutschland. Die These, der Islam unterwandere das westliche Wertesystem, wird derzeit intensiv diskutiert. Aber muss man diese Religion wirklich fürchten? Darüber wollte Sandra Maischberger in der ARD mit ihren Gästen sprechen – doch die Moderatorin hatte sich zu viel vorgenommen.

"Wir machen irgendwann mal weiter mit der Diskussion." Der Schlusssatz der Moderatorin Sandra Maischberger klang wie eine Kapitulation vor der vorangegangen 75-minütigen Sendung. Tatsächlich hatte sich die Redaktion allerhand vorgenommen: "Feindbild Islam: Wird der Hass geschürt?" Schon die Titelfrage der Sendung hätte gereicht, um die Zeit mühelos zu füllen. Ein Urteil gegen einen Deutsch-Afghanen hat erst erst vor wenigen Tagen eine nicht nur von Boulevardmedien geführte Debatte entfacht, ob deutsche Gerichte mit "Islam-Rabatt" urteilen.

Erwartungsgemäß uneins

Die Gäste zeigten sich erwartungsgemäß uneins. CDU-Mann Wolfgang Bosbach, der seit Jahren vor dem radikalen Islam in Deutschland warnt, äußerte sein Unverständnis gegenüber dem Urteil. Grünen-Politiker Omid Nouripour, der gläubiger Muslim ist, warnte davor, den Rechtsstaat in Frage zu stellen. Und Lamya Kaddor, Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, verwies darauf, dass die Religion keine Rolle bei einem Urteil spielen dürfe, wohl aber die Sozialisation. Imam Hassan Dabbagh führte Beispiele an, dass es eher einen Islam-Malus denn einen entsprechenden Bonus an deutschen Gerichten gibt.

###mehr-artikel###Gibt es den Bonus wirklich? Oder ist er nur ein Mittel, um das "Feindbild Islam" weiter anzureichern? Eine Diskussion wäre lohnenswert gewesen. Doch statt diese Frage länger zu erörtern, vielleicht auch mit Fakten anzureichern, jagte Maischberger durch ihre Themenliste: Gibt es im Ausland ähnliche Diskussionen über den Islam, importieren Muslime in Deutschland ihr Wertesystem, welche Rolle spielen Friedensrichter in der Bundesrepublik? Das ist nur eine kleine Auswahl der Aspekte, die während der Sendung angerissen wurde.

Doch Sandra Maischberger hatte nicht nur viele Fragen vorbereitet, sondern auch gleich sechs Gäste eingeladen. Nouripour und Kaddor waren als Vertreter des liberalen Islam gekommen und hätten jeweils eine gute Vermittlungsrolle übernehmen können – etwa zwischen Imam Dabbagh und den Islamkritiker Hamed Abdel-Samad. Der verteidigte auch in der Talkshow seine These, dass im Islam faschistoide Züge angelegt seien. RTL-Auslandskorrespondentin Antonia Rados komplettierte die Runde. Sie berichtet seit Jahrzehnten aus dem Nahen Osten und überzeugte als Islamexpertin.

"Nicht jedes Thema zu einer Riesennummer machen"

Es war nicht zuletzt die Journalistin, die die Sendung in Teilen sehenswert machte. Fachkundig und differenziert schilderte sie ihre Eindrücke vom Islam, nahm nachvollziehbare Einordnungen vor. Sie kritisierte etwa, wie Frauen in vielen islamischen Ländern behandelt werden – das sei jedoch oft auch eine Frage der Kultur und nicht nur der Religion, ergänzte sie. Auf der anderen Seite warnte sie davor, jedes Thema in diesem Kontext zu einer "Riesennummer" zu machen.

Oft hatte man sogar den Eindruck, dass Rados die Diskussion weitaus mehr überblickte und lenkte, als es Sandra Maischberger gelang. Diese wirkte inhaltlich oft verloren, viel zu oft brach sie angefangene Diskussionen an entscheidenden Stellen ab. Geradezu hilflos wirkte die Moderatorin im Umgang mit dem Imam, der vom sächsischen Verfassungsschutz überwacht wird. Damit konfrontiert, startete er einen Frontalangriff gegen die Behörde – etwa mit Hinweis auf die Fehler bei der Verfolgung der NSU-Taten.

Die Ausgangsfrage der Sendung, nämlich ob der Hass gegen den Islam geschürt wird oder ob die Ängste berechtigt sind, geriet völlig aus dem Blickfeld. So kann man nur hoffen, dass die Diskussion irgendwann nicht nur weiter, sondern vor allem fokussiert geführt wird.