Deutsche Fotojournalistin Niedringhaus in Afghanistan erschossen

Foto: dpa/Ulrich Perrey
Deutsche Fotojournalistin Niedringhaus in Afghanistan erschossen
Einen Tag vor der Präsidentenwahl am Samstag in Afghanistan ist die deutsche Fotojournalistin Anja Niedringhaus im Osten des Landes erschossen worden. Das erklärte die US-Nachrichtenagentur AP am Freitag, für die die 48-jährige Pulitzer-Preisträgerin tätig war.

Der Mord löste international Entsetzen aus. Das Auswärtige Amt erklärte, die deutsche Botschaft in Kabul arbeite mit Nachdruck an der Aufklärung. Bei dem Anschlag in der Provinz Khost wurde die kanadische Journalistin Kathy Gannon schwer verletzt. Nach AP-Angaben war ihr Zustand stabil. Die 60-Jährige wurde in den US-Stützpunkt Bagram gebracht und soll ausgeflogen werden.

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Wie ein AP-Kameramann berichtete, der Augenzeuge des Angriffs auf Niedringhaus wurde, waren die beiden Journalistinnen in einem von Sicherheitskräften bewachten Konvoi mit Wahlhelfern unterwegs. Der Täter habe Polizeiuniform getragen, "Allahu Akbar" gerufen, das Feuer auf das Auto der beiden eröffnet und sich dann den Sicherheitskräften ergeben.

Die radikal-islamischen Taliban bestritten, an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid sagte laut lokalen Medien, es scheine sich um eine "private Angelegenheit" zu handeln. Allerdings haben die Aufständischen in der Vergangenheit fast immer Attentate auf unbewaffnete Zivilisten abgestritten, auch wenn vieles auf ihre Täterschaft hinwies. Dies galt besonders für Anschläge auf Frauen und Kinder, weil dies angeblich dem Ehrenkodex der Taliban widerspricht.

"Reporter ohne Grenzen" äußerte sich bestürzt über das Verbrechen. "Der Angriff zeigt, wie extrem gefährlich Afghanistan für Journalisten immer noch ist", erklärte Christian Mihr, Geschäftsführer des deutschen Zweigs der Journalistenorganisation in Berlin. Der Deutsche Journalisten-Verband zeigte sich entsetzt. Es sei grauenhaft, dass eine so erfahrene Kollegin dem Terror gegen Korrespondenten in der Krisenregion zum Opfer gefallen sei, sagte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Michael Konken. "Wer Journalisten tötet, löscht Leben aus und versetzt der Pressefreiheit einen schweren Schlag", sagte Konken.

"Mein Anliegen ist, die Menschen zu zeigen"

Niedringhaus stammt aus dem westfälischen Höxter und hat sich mit Kriegsreportagen aus vielen Ländern einen Namen gemacht. Für ihre bewegenden Bilder aus dem Irak-Krieg gewann sie 2005 den Pulitzer-Preis. "Natürlich habe ich Angst", hatte sie in einem Interview von DeutschlandRadio Kultur im September 2011 erklärt. Wer in Krisengebieten unterwegs sei, müsse damit rechnen, dass etwas passiere.

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Über ihre Arbeit sagte sie: "Mein Anliegen ist eigentlich, die Menschen in diesen Ländern zu zeigen. Es geht mir nicht um die Militärmaschinerie, oder wie groß die Waffen sind, wie schnell der Panzer ist, sondern was eigentlich danach passiert, nachdem geschossen wird."

Bei der Präsidentenwahl in Afghanistan geht es um die Nachfolge für Präsident Hamid Karsai, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren durfte. In den vergangenen Monaten häuften sich in Afghanistan die Anschläge der Taliban. Dabei wurden gezielt Ausländer ins Visier genommen. Seit Februar wurden mindestens 20 Mal Journalisten angegriffen oder bedroht.

Auf dem Stimmzettel für die Präsidentenwahl stehen elf Kandidaten. Als Favoriten gelten der frühere Außenminister Abdullah Abdullah, Ex-Finanzminister Aschraf Ghani und der ehemalige Außenminister Salmai Rassul. Die Wahl wird auch von Manipulations- und Stimmenkaufvorwürfen begleitet. Unregelmäßigkeiten gibt es auch beim Wahlregister. Die Zahl der Stimmberechtigten wird auf zwölf Millionen geschätzt. 2009 wurde ein Fünftel der Stimmen für ungültig erklärt. Erhält kein Kandidat die absolute Mehrheit, findet eine Stichwahl statt.