Parteien: Bundeswehr soll auf Rekrutierung Minderjähriger verzichten

Parteien: Bundeswehr soll auf Rekrutierung Minderjähriger verzichten
Das Verteidigungsministerium verteidigt die Praxis, 17-Jährige als Soldaten zu rekrutieren. Rund 1.000 Jugendliche pro Jahr entscheiden sich für die Bundeswehr. SPD, Grüne und Linke kritisieren das - eine Regierungspartei im Einklang mit der Opposition. Der Koalition steht eine interne Debatte bevor.

Politiker von SPD, Grünen und Linken haben die Bundeswehr aufgefordert, künftig keine Minderjährigen mehr zu rekrutieren. "Wir müssen dazu kommen, dass Jugendliche mindestens 18 Jahre alt sind, wenn sie ihren Dienst bei der Truppe antreten", sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD), der "Rheinischen Post" in Düsseldorf (Samstagsausgabe). Ähnlichen äußerten sich am Freitag Vertreter von Grünen und Linken sowie das Kinderhilfswerk terre des hommes.

Das CDU-geführte Verteidigungsministerium hatte zuvor die Praxis gerechtfertigt, auch Minderjährige zu rekrutieren. 2011 bildete die Bundeswehr nach Angaben eines Sprechers 833 freiwillig Wehrdienstleistende und Zeitsoldaten unter 18 Jahren aus, im Jahr 2012 waren es 1.216 Jugendliche und im vorigen Jahr 1.032. Die Anwerbung von Jugendlichen habe nichts mit der Aussetzung der Wehrpflicht zu tun, betonte der Sprecher. Dies sei schon länger Praxis. Jugendliche würden zudem nur unter bestimmten Voraussetzungen eingestellt.

SPD und Grüne gemeinsam gegen minderjährige Soldaten

Dazu gehören laut einer Stellungnahme des Verteidigungsministerium ein Mindestalter von 17 Jahren und die Einwilligung der Eltern. Der Gebrauch von Waffen werde auf die Ausbildung beschränkt und unter strenge Aufsicht gestellt. Eine Teilnahme an Auslandseinsätzen sei den Minderjährigen nicht gestattet.

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Diese Praxis stehe im Einklang mit dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes und dem Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention, das die Beteiligung Minderjähriger an bewaffneten Konflikten ächtet. Die völkerrechtlichen Verpflichtungen würden streng eingehalten.

Dagegen sagte der SPD-Politiker Bartels, zur vollständigen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention gehöre auch der Verzicht auf die Rekrutierung Minderjähriger. Nach dem Konzept der SPD sollte es nicht Soldaten erster und zweiter Klasse geben: "Alle Soldaten sollten vom ersten Tag an die gleichen Rechte und Pflichten haben, und das geht nur, wenn sie volljährig sind."

Grünen-Sicherheitsexpertin Agnieszka Brugger erklärte in Berlin: "Die Bundesregierung muss auf die Rekrutierung Minderjähriger verzichten, wenn sie im Kampf gegen Kindersoldaten wirklich glaubwürdig sein will und ihre Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention ernst nimmt." Die SPD habe dieser Forderung in der Opposition zugestimmt und sollte das als Regierungspartei nun auch in Angriff nehmen. Besonders probematisch nannte Brugger Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr, die ausschließlich mit dem Abenteuergedanken werbe: "Das richtet sich sehr an Minderjährige und verschweigt die tatsächlichen Risiken einer Arbeit bei den Streitkräften."

Familienfreundliche Bundeswehr?

Linken-Verteidigungsexpertin Katrin Kunert erklärte, der UN-Ausschuss für die Rechte der Kinder habe Deutschland bereits 2008 aufgefordert, das Mindestrekrutierungsalter auf 18 Jahre anzuheben. Kunert warf der Bundesregierung angesichts der unter deutscher Federführung stehenden internationalen Anstrengungen, die Rekrutierung von Kindersoldaten zu verhindern, eine "Doppelmoral" vor. Deutschland hatte 2011/2012 den Vorsitz der Arbeitsgruppe "Kinder in bewaffneten Konflikten" im UN-Sicherheitsrat übernommen.

Auch terre des hommes sieht in der gängigen Praxis eine Verletzung der Kinderrechte. "Ich erwarte, dass die Regierung dies nicht länger ignoriert und die Einstellung von Minderjährigen in den Militärdienst beendet", erklärte die Vorstandsvorsitzende Danuta Sacher. Deutschland könne nicht einerseits den Einsatz von Minderjährigen in bewaffneten Konflikten ächten und andererseits selbst Minderjährige rekrutieren. Sacher forderte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, "vollumfänglich die Rechte von Kindern zu schützen". Das müsse der erste Schritt sein auf dem angekündigten Weg, die Bundeswehr familienfreundlicher zu machen.