Empörung über Freispruch im Fall Trayvon Martin

Foto: dpa/Erik S. Lesser
Empörung über Freispruch im Fall Trayvon Martin
Ein Urteil heizt die Debatte über Rassismus in den USA wieder an: Der Freispruch für George Zimmerman ist besonders für schwarze Amerikaner unverständlich. Zimmerman tötete Trayvon Martin - und bleibt doch ein freier Mann.

Im Prozess um den Tod des schwarzen Teenagers Trayvon Martin ist der Angeklagte George Zimmerman freigesprochen worden. Das Urteil in der 50.000 Einwohner zählenden Stadt Stanford im Bundesstaat Florida kam am Samstag spät abends nach einem mehrwöchigen Prozess. Die sechs Mitglieder der Jury urteilten nach 16 Stunden Beratung einstimmig, Zimmerman sei "nicht schuldig". Richterin Debra Nelson sagte zu Zimmerman, er könne das Gericht als freier Mann verlassen.

Emotionale Debatte über Rassismus

Der Fall hat in den USA emotionale Debatten ausgelöst über Rassismus, das Justizsystem und Gewalt. Vielen US-Amerikanern können nicht verstehen, dass der Todesschütze George Zimmerman freigesprochen wurde, obwohl er zugegebenermaßen einen unbewaffneten 17-jährigen Jungen erschossen hatte. Die Staatsanwaltschaft konnte jedoch nicht beweisen, dass Zimmerman nicht in Notwehr handelte.

Nach Angaben der Tageszeitung "Orlando Sentinel" protestierten am Samstag mehr als hundert Aktivisten vor dem Gericht gegen das Urteil mit Rufen "keine Gerechtigkeit, kein Frieden". In mehreren Städten protestierten Aktivisten noch in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen den Freispruch. In Florida, Kalifornien und auch in der Hauptstadt Washington zogen nach Angaben der "Washington Post" mehrere hundert Menschen durch die Straßen. "Nur weißes Leben wird in Amerika geschützt" und "Stoppt die Kriminalisierung schwarzer Männer", hieß es auf den Plakaten der Demonstranten.

Das Opfer war unbewaffnet

Der 29-jährige freiwillige Nachbarschaftswächter Zimmerman hatte Trayvon Martin am 26. Februar 2012 in einer Wohnanlage in Sanford erschossen. Zimmerman war Martin gefolgt, wohl weil der Teenager - unterwegs im Kaputzenpulli an einem regnerischen Abend - ihm verdächtig erschien. Es kam zu einer Konfrontation zwischen den beiden. Zimmerman war bewaffnet, Martin nicht. Zimmerman schoss. Martin starb wenige Minuten später.

In den Tagen nach Trayvon Martins Tod protestierten zehntausende Bürgerrechtler. Der Teenager sei wegen seiner Rasse und verbreiteter Vorurteile gegen junge Afroamerikaner erschossen worden, hieß es. Die Polizei habe unzureichend ermittelt und Zimmerman nicht sofort verhaftet. Viele Kundgebungsteilnehmer und auch Prominente wie der Basketballer LeBron James zeigten sich aus Solidarität in Kapuzenpullis wie der erschossene Martin. Präsident Barack Obama drückte sein Bedauern aus.  "Wenn ich einen Sohn hätte, dann sähe er aus wie Trayvon", sagte Obama.

Widersprüchliche Versionen

Beim Prozess präsentierten Verteidigung und Anklage widersprüchliche Versionen von den letzten Minuten im Leben von Trayvon Martin. Nach Darstellung der Anklage hat Zimmerman die Konfrontation gesucht. Die Verteidigung dagegen behauptete, der Teenager habe Zimmerman angegriffen und Zimmerman habe in Notwehr geschossen. Für den Todesschuss gab es keine Augenzeugen. Martins Eltern und auch Zimmermans Eltern sagten aus, sie könnten einen bei der Konfrontation aufgezeichnete Hilferuf als Schrei ihres Sohnes erkennen.

Mehrere Fernsehsender übertrugen das Verfahren live. "Nur wenige juristische Prozessbeobachter" seien der Ansicht gewesen, die Staatsanwaltschaft habe genug Indizien vorgelegt, um Zimmermans Notwehrbehauptung zu widerlegen, schrieb der "Miami Herald" am Sonntag. Trayvon Martins Eltern, Sybrina Fulton und Tracy Martin, waren bei der Urteilsverkündung nicht im Gerichtssaal. Ihr Rechtsberater Benjamin Crump erklärte, "alle Amerikaner" müssten "tief in ihrem Herzen prüfen... wie wir als eine Gesellschaft etwas von dieser Tragödie lernen können".