Muslime werben für Organspende

Muslime werben für Organspende
Gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation und den Betriebskrankenkassen hat der Zentralrat der Muslime in Deutschland eine Aufklärungskampagne für Muslime gestartet.

"Organspende schenkt Leben", heißt es auf den farbigen Spenderausweisen. Angesichts sinkender Spenderzahlen und langer Wartelisten für Transplantationen ist die Bereitschaft zum Leben-Schenken immer mehr gefragt. "Da haben wir gesagt, da sollten wir als muslimische Community aktiv werden und zur Aufklärung beitragen", erklärt die Frauenärztin Houaida Taraji. Sie ist Vorstandsmitglied im Zentralrat der Muslime mit Sitz in Köln.

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Ob Organspende im Islam erlaubt oder verboten ist, lässt sich aus dem Koran nicht direkt ableiten. Deshalb haben Islamgelehrte in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Rechtsgutachten zu dem Thema erstellt. Die meisten der Fatwa genannten Gutachten erlauben die Organspende. Bereits 1980 hatte der Hohe Rat für Religionsangelegenheiten in der Türkei diese medizinische Praxis abgesegnet. Auch in anderen islamisch geprägten Ländern ist sie erlaubt.

Für diese Sichtweise interpretieren die Gelehrten einen Vers aus der fünften Koransure: "Wer einen Menschen am Leben erhält, handelt so, als habe er alle Menschen am Leben erhalten." Vor diesem Hintergrund ist die Organspende eine gute Tat und eine empfehlenswerte Handlung, sagt Ilhan Ilkilic. Er ist außerordentlicher Professor für Medizin in Istanbul und früheres Vorstandsmitglied der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) in Köln.

Eine Minderheit der Islamgelehrten lehnt die Organspende jedoch ab, wie Ilkilic und Taraji einräumen. Diese Gutachter verweisen den Medizinern zufolge auf die gebotene Unversehrtheit des menschlichen Körpers. Außerdem betonten diese Islamgelehrten, dass Gott den Menschen ihren Körper nur als Leihgabe anvertraut habe. Deshalb dürfe der Gläubige auch nicht einfach über seine Organe verfügen.

"Nur im Einklang mit unserem Glauben stehen"

Ilkilic nennt noch einen anderen Einwand. So glaubten manche Muslime, dass sie als Organspender mitverantwortlich seien, wenn der Empfänger später einen anderen Menschen töte. Ohne Herz, Leber oder Niere des Gebers wäre die Tat demnach nicht möglich geworden. Diese Einstellung ist Ilkilic zufolge in der innerislamischen Debatte zwar nicht zentral, scheine aber für einige Muslime wichtig zu sein.

Gegen die Vorbehalte setzt der Zentralrat hierzulande auf Information. "Unsere Aufgabe ist, den Menschen die islamischen Rechtsgutachten aufzuzeigen und sie durch Seminare und Positivbeispiele zu ermutigen", sagt Taraji. Wer einen Organspendeausweis ausfülle, müsse dies aus freien Stücken tun. "Für uns Muslime ist von großer Bedeutung, dass diese Einsichten nicht nur im Einklang mit unserem Glauben stehen, sondern darüber hinaus von unserem Glauben geboten und gewollt sind", erklärt sie.

Ob Muslime mehr oder weniger Organe weitergeben als andere Menschen, ist Ilkilic zufolge nicht umfassend erforscht. "Unsere Erfahrung ist, dass vor allem die Türken in Deutschland weniger spendebereit sind als die Türken in der Türkei", sagt der Medizin-Dozent. Ein Grund dafür könnten Diskriminierungserfahrungen sein. Außerdem könnte die Sorge eine Rolle spielen, als Ausländer bei einer Organspende im komplizierten deutschen Gesundheitssystem schlechter behandelt zu werden.

Welche Religion Spender und Empfänger haben, spielt nach Ansicht der meisten Islamgelehrten keine Rolle. Ein Muslim kann demnach seine Organe auch einem Christen vermachen und umgekehrt. Für Taraji gilt: "Wir sind alle Kinder Adams".