TV-Tipp des Tages: "Die Rebellin" (3sat)

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TV-Tipp des Tages: "Die Rebellin" (3sat)
TV-Tipp des Tages: "Die Rebellin", 19. Dezember, 20.15 Uhr auf 3sat
Als Lena aus Berlin fließen muss, ist sie ein junges Mädchen. Ihr Vater arbeitet in dem nationalsozialistischen Forschungszentrum Hakeburg.

Niemand käme heutzutage auf die Idee, eine junge Frau, die sich nichts gefallen lässt, als Rebellin zu bezeichnen. In den frühen Fünfzigern aber herrschten andere Verhältnisse. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Frauen ganz gut ohne ihre Männer ausgekommen. Kurz drauf hatten sie klaglos jene Trümmer beseitigt, die der maskuline Hochmut hinterlassen hatte. Aber dann kehrten die Männer heim, die einen von der Front, die anderen etwas später aus den Kriegsgefangenenlagern, und die Frauen mussten zurück ins zweite Glied.

Lena Berkow aber ist anders, und das macht sie zur modernen Heldin. Es war nicht ihr Krieg, es sind nicht ihre Trümmer. Trotzdem erledigt sie ohne Murren, was getan werden muss, damit die aus Berlin ins fränkische Fürth geflüchtete Familie überleben kann. Unrecht aber lässt sie sich nicht gefallen, weshalb sie auch auf ihren Anteil am Vermächtnis ihres Vaters pocht; und jetzt geht die episch erzählte Handlung eigentlich erst richtig los.

Die Erfindung des Fernsehens

Die Vorgeschichte reicht der Dreiteiler in Rückblenden nach. Als Lena (Alexandra Neldel) aus Berlin fließen muss, ist sie ein junges Mädchen. Ihr Vater, Gustav Berkow (Dominique Horwitz), arbeitet in der Hakeburg, einem nationalsozialistischen Forschungszentrum. Kurz vor der Flucht, die er nicht überleben wird, hat Berkow das (tatsächlich in der Hakeburg entwickelte) Fernsehen erfunden und die Pläne einem Industriellen namens Sattler verkauft. Wie es der Zufall will, lebt dieser Unternehmer (Friedrich von Thun) ganz in der Nähe von Lenas Flüchtlingsunterkunft. Keck stellt die junge Frau den nach wie vor wohlhabenden Fabrikanten zur Rede, doch der will ihren Vater gar nicht kennen. Sohn Hans (David Rott) ist dafür um so aufgeschlossener. Und weil Lena bei ihrem Vater eine Menge über Rundfunktechnik gelernt hat und Hans felsenfest vom Siegeszug des neuen Mediums "Television" überzeugt ist, tun sich die beiden mit Erfolg zusammen. Allerdings dauert es eine Weile, bis auch sie vom "Wirtschaftswunder" profitieren.

Natürlich beschränkt sich die Geschichte (Drehbuch: Grimme-Preisträger Christian Jeltsch und Monika Peetz) keineswegs auf Lenas Kampf um Gerechtigkeit, im Gegenteil; Liebe aller Art trägt nicht minder zu den Verwicklungen bei. Zunächst ist die junge Frau, von Neldel betont ungeschminkt verkörpert, in stiller Zuneigung dem noch stilleren Bauernsohn Walter (Sebastian Bezzel) ergeben. Gemeinsam träumen sie davon, nach Amerika auszuwandern, doch gegen den schnittigen Hans Sattler hat der loyale Walter keine Chance. Der ehrgeizige Sohn des Fabrikanten, der seinem Vater so gern mit innovativen Ideen imponieren will, erobert Lena im Sturm, zieht dann aber eine Zweckehe mit einer Bankierstochter vor, um seine Pläne verwirklichen zu können; da ahnt er noch nicht, dass Lena schwanger ist.

Rund um die Hauptfiguren herum gruppieren Jeltsch und Peetz ein reizvoll besetztes Figuren-Ensemble, das immer wieder für eigene kleine Geschichten gut ist: Lenas jüngere Schwester Betty (Anja Fischer mit bemerkenswerter Singstimme und frecher "Führer"-Persiflage) will unbedingt Schlagersängerin werden; ihre Mutter (Saskia Vester) würde die Vergangenheit und damit auch ein düsteres Geheimnis am liebsten vergraben; Peter (Alexander Beyer), Hans älterer Bruder, galt neun Jahre als vermisst und kehrt just dann heim, als sich Hans endlich am Ziel wähnt. Weitere wichtige Rollen spielen Michael Mendl als intriganter früherer Kollege Berkows, der in den USA Karriere macht, Ulrike Folkerts als halbjüdische Rundfunktechnikerin, die Sattler in Dankbarkeit ergeben ist, sowie Vadim Glowna als sein durchtriebener Anwalt.

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Ute Wieland verzichtete bei ihrer Umsetzung der komplexen Geschichte völlig auf optische Ausrufezeichen. Die Kamera (Jan Fehse) begnügt sich mit ruhigen Einstellungen, so dass man eine Menge Muße hat, die akribische Ausstattung (Frank Polosek), das sorgfältige Kostümbild (Elena Wagner) und die Arbeit des Maskenbildners (Heiner Niehues) zu bewundern. Mag die Inszenierung insgesamt klassisch (um nicht zu sagen altmodisch) ausfallen: Die Geschichte ist groß. Wie gut der Dreiteiler ist, zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass man unbedingt wissen will, wie’s weitergeht. Die beiden weiteren Teile zeigt 3sat morgen und übermorgen.