Bundestag beschließt Beschneidungsgesetz

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Juden müssen mit der Beschneidung nicht warten, bis das Kind religionsmündig ist. Den entsprechenden Antrag der Opposition lehnte der Bundestag ab.
Bundestag beschließt Beschneidungsgesetz
Der Bundestag hat am Mittwoch das Beschneidungsgesetz beschlossen. Die Mehrheit der Parlamentarier stimmte für den Entwurf der Bundesregierung, der religiös motivierte Beschneidungen von Jungen von Geburt an erlaubt. Ein Gesetzesentwurf von Oppositionspolitikern, der die Beschneidung von Jungen erst nach dem 14. Lebensjahr erlauben sollte, wurde abgelehnt.

Religiös motivierte Beschneidungen minderjähriger Jungen sind in Deutschland weiterhin erlaubt. Der Bundestag beschloss am Mittwoch mit großer Mehrheit das von der Bundesregierung vorgelegte Beschneidungsgesetz. 434 von 580 anwesenden Abgeordneten stimmten mit ja, 100 stimmten mit nein. Das Recht auf Beschneidung eines Jungen von Geburt an wird demnach im Sorgerecht verankert. Auch religiöse Beschneider können künftig weiter praktizieren.

###mehr-artikel### Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) äußerte sich nach der Abstimmung zufrieden. Der Bundestag habe "schnell, aber gründlich und ausführlich über schwierige rechtliche Fragen beraten und entschieden", erklärte sie. Der Beschluss setze einen Endpunkt unter die Debatte.

Besonders über die Tätigkeit religiöser Beschneider wurde bis zuletzt im Parlament gerungen. Vor allem jüdische Eltern lassen ihre Söhne oftmals von einem sogenannten Mohel beschneiden. Sie sind speziell ausgebildet, müssen aber kein Arzt sein und haben deshalb nur eingeschränkte Möglichkeiten der Betäubung und Schmerzlinderung.

Gesetz soll Rechtssicherheit schaffen

Das von Leutheusser-Schnarrenberger vorgelegte Gesetz erlaubt den Einsatz religiöser Beschneider, solange das Kind nicht älter als sechs Monate ist. Der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag hatte dagegen gefordert, die Frist auf zwei Wochen zu verkürzen. Die Kirchenbeauftragte der SPD-Fraktion, Kerstin Griese, schlug als Kompromiss letztlich eine Frist von zwei Monaten vor. Ihre Änderungsanträge fielen jedoch durch.

###mehr-links### Das Beschneidungsgesetz soll für Rechtssicherheit sorgen, nachdem das Kölner Landgericht den Eingriff aus religiösen Gründen im Mai als Körperverletzung gewertet hatte. Bei Juden und Muslimen löste das Urteil Protest und Unsicherheit aus. In beiden Religionen gehört die Beschneidung zur Tradition.

Abgeordnete aus Union und FDP warben in der Debatte dafür, das Gesetz mit breiter Mehrheit als klares Signal an Juden und Muslime zu verabschieden. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier wertete dies als "ein klares, breites und notwendiges Votum für den Fortbestand jüdischen Lebens in Deutschland".

Oppositionsentwurf abgelehnt

Neben dem Regierungsentwurf gab es einen alternativen Gesetzentwurf von Oppositionspolitikern, die Beschneidungen von Jungen erst ab dem 14. Lebensjahr erlauben wollten. Kinderrechtspolitiker von SPD, Grünen und Linkspartei warben erneut für ihr Anliegen, das sie mit dem Recht des Kindes begründeten. Die Beschneidung sei ein "risikobehafteter, irreversibler und mit lebenslangen Folgen behafteter Eingriff", warnte Marlene Rupprecht (SPD).

Der Gesetzentwurf, den Rupprecht mit initiiert hatte, erhielt am Ende nur 91 Stimmen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warnte in der Debatte vor allem vor den Konsequenzen solch eines Gesetzes. Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssten Beschneidungen verfolgen. "Diese Folgen will ich nicht tragen", sagte sie.

Rund 40 Gegner des Rituals an Minderjährigen protestierten am Mittwoch am Brandenburger Tor gegen das Gesetz der Bundesregierung. Zum Protest aufgerufen hatten unter anderem die Deutsche Kinderhilfe und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, die zu den schärfsten Kritikern des religiösen Rituals zählen.

Das "Gesetz über den Umfang der Personensorge bei einer Beschneidung des männlichen Kindes" soll nach dem Bundestagsbeschluss nun sofort an den Bundesrat weitergeleitet werden. Mithilfe einer Fristverkürzung befasst sich die Länderkammer bereits an diesem Freitag damit. Ihre Zustimmung wird nicht benötigt. Ein Einspruch scheint unwahrscheinlich, denn beim ersten Durchgang vonseiten der Länder wurden keine Einwände erhoben.