Schärfere Kontrollen bei Organspenden gefordert

Schärfere Kontrollen bei Organspenden gefordert
Nach Bekanntwerden des Organspende-Skandal an der Göttinger Uni-Klinik hat Hans Lilie, Mitglied der Bundesärztekammer, eine zusätzliche Kontrolle der Patientendaten nach dem Vier-Augen-Prinzip vorgeschlagen.

 "Bei dem Skandal in Göttingen wurden offenbar Laborwerte verfälscht. Daher verfolge ich die Idee, dass ein Laborarzt die Daten, die Eurotransplant geschickt werden, noch einmal prüfen sollte", sagte der Chef der Ständigen Kommission Organtransplantation der Ärztekammer der Tageszeitung "Die Welt". Eurotransplant ist die für Deutschland zuständige Vermittlungsstelle für Organspenden.

Der zusätzlich hinzugezogene Arzt wäre ein Zeuge für die Richtigkeit der Daten, sagte Lilie. Er käme "selbstverständlich nicht aus dem Umfeld des zuständigen Transplantationsmediziners, sondern wäre unabhängig und hätte daher auch kein Interesse an einer Verfälschung". Der Strafrechtsprofessor betonte, dass es sich bei seinem Vorschlag noch nicht um eine konkrete Forderung handle. Erforderlich wäre hierfür zuvor "eine entsprechende Entscheidung der Ständigen Kommission".

Pro und Contra "Vier-Augen-Prinzip"

Der Medizinprofessor Eckhard Nagel sprach sich ebenfalls für die Einführung des Vier-Augen-Prinzips aus. "Es würde die Sicherheit vor Ort und die Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung von Betrügereien erhöhen, wenn zwei Ärzte die Befunde unterschreiben müssten", sagte Nagel, der dem Deutschen Ethikrat und dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags angehört. "Diese Form des Betrugs hat es in den letzten 25 Jahren noch nie gegeben." Der Ärztliche Direktor der Universitätsklinik in Essen hatte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor der Nierenspende an dessen Frau beraten.

Gegen das Vier-Augen-Prinzip sprach sich der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Theodor Windhorst, aus: "Ich bin dagegen, das Vier-Augen-Prinzip einzuführen. Das ist für manche Entscheidungen nicht günstig und praktisch auch nicht immer machbar." Man müsse "nicht das ganze System revolutionieren", so das Mitglied der Kommission Organtransplantation. Er gehe "nicht davon aus, dass alle Ärzte korrupt sind", fügte Windhorst hinzu. Vielmehr müssten alle Transplantationszentren darauf überprüft werden, ob dort bisher richtig gearbeitet wurde. Dies sollte mit Einzelfallprüfungen per Zufallsprinzip geschehen.

Am Uni-Klinikum in Göttingen wurden in den vergangenen zwei Jahren offenbar in großem Stil Krankenakten gefälscht, damit bestimmte Patienten auf der Warteliste für eine Lebertransplantation nach oben rücken. So wurden sie beispielsweise durch angeblich schlechte Laborwerte kränker gemacht als sie waren. Gegen den mutmaßlich verantwortlichen Oberarzt ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft unter anderem wegen Bestechlichkeit. Es wird von einem Betzwerk von Tätern ausgegangen.