Präses Schneider beklagt aggressive Töne in Beschneidungsdebatte

Präses Schneider beklagt aggressive Töne in Beschneidungsdebatte
Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider hat "aggressiv-religionskritische" Töne in der Beschneidungsdebatte beklagt.

Neben sachlichen und kundigen Wortmeldungen habe es häufig auch polemische und verkürzende Beiträge gegeben, sagte Schneider vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag in Timmendorfer Strand. Er habe Briefe erhalten, die von Intoleranz und Aggressivität gegenüber Judentum und Islam sowie gegen Religion generell geprägt waren, berichtete der rheinische Präses.

###mehr-links###

Die EKD respektiere die grundlegende Bedeutung der Beschneidung für Judentum und Islam, sagte Schneider. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung trage den medizinischen, ethischen und rechtlichen Aspekten Rechnung. "Er lässt die Freiheit der Religionsausübung unberührt, er findet einen Ausgleich zwischen elterlichem Erziehungsrecht und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit und berücksichtigt das Kindeswohl", hob der Ratsvorsitzende hervor. Trotz weiter offener Fragen trage die geplante gesetzliche Regelung dazu bei, das Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen und Weltanschauungen in der bundesdeutschen Gesellschaft zu fördern.

"Neuer Atheismus beurteilt Religionen undifferenziert"

In diesem Zusammenhang widersprach Schneider allen Bestrebungen, die Religion aus der Öffentlichkeit zu verbannen und zur Privatsache zu erklären. Ein Abdrängen von Religion ins Private hätte zur Folge, dass sich "die aggressiven und fundamentalistischen Fehlformen von Religion" in Hinterhöfen und Parallelgesellschaften ausbreiten. Deshalb befürworte die evangelische Kirche öffentliche Predigten in deutscher Sprache, jüdischen und islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen sowie an den Universitäten gelehrte islamische und jüdische Theologie.

Der neue Atheismus beurteile Religionen undifferenziert und begünstige deren Pauschalisierung. Denn es gebe weder "die Christen" noch "die Muslime", sondern immer nur einzelne Menschen mit ihren Haltungen und Handlungen, sagte Schneider mit Blick auf Provokationen wie beispielsweise Koranverbrennungen. Gewalt als Reaktion sei keineswegs zu dulden. Zugleich müsse allerdings die Sensibilität für Verletzungen religiöser Gefühle wachsen und mit Provokationen souveräner umgegangen werden.