Der Vorschlag des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, für eine Kontaktgebühr bei Arztbesuchen stößt in Politik und Verbänden auf Kritik. Auch der Hausärzteverband lehnt am Montag Gassens Vorschlag ab, das Bundesgesundheitsministerium bewertete ihn vorerst nicht.
Gassen hatte eine Kontaktgebühr von drei oder vier Euro für jeden Arztbesuch vorgeschlagen. Dies könne die Einnahmen der Krankenkassen erhöhen, so Gassen. Die Vorsitzende des Hausärzteverbands, Nicole Buhlinger-Göpfarth, bezeichnete in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe den Vorschlag als ein Herumdoktern am Symptom ohne Bekämpfung der Ursache.
Es brauche grundlegende Strukturreformen, kein Land habe ein derart ungesteuertes Gesundheitssystem wie Deutschland. Gassens Vorschlag sei unsozial und setze "komplett an der falschen Stelle an", sagt Buhlinger-Göpfarth. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte den Funke-Zeitungen, es gehe bei dem Vorschlag nicht um Patientensteuerung, "sondern um Kasse machen". Qualität spiele dabei keine Rolle, es werde für mittelmäßige Leistungen viel Geld ausgegeben.
Hausärzte gegen Gassens Vorschlag
Ebenfalls in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe warnt Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, vor einer abschreckenden Wirkung von Gebühren auf Menschen mit geringem Einkommen. Notwendige Behandlungen würden dann verschoben und dadurch am Ende teurer. "Anstatt Behandlungen niedrigschwellig und unbürokratisch zu gestalten, führen Praxisgebühren zu einer zusätzlichen Belastung von Versicherten und Arztpraxen", sagt Rock.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, sagt der "Rheinischen Post" (Montag), drei oder vier Euro pro Arztbesuch steuerten weder sinnvoll in die richtige Versorgung noch senkten sie spürbar Ausgaben. "Sie produzieren vor allem neue Bürokratie", so Dahmen.
Auch der Sprecher für Gesundheitsökonomie der Bundestagsfraktion der Linken, Ates Gürpinar, lehnt Gassens Vorschlag ab. Die Finanzprobleme der Kassen würden so nicht gelöst, kritisierte er in der "Rheinischen Post", "stattdessen werden so vor allem arme und kranke Menschen aus dem Solidarsystem herausgedrängt".
Der SPD-Gesundheitspolitiker Christos Pantazis nennt die Vorschläge in den Funke-Zeitungen "unsozial, ineffektiv und gesundheitspolitisch falsch". Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums verweist am Montag in Berlin auf die Finanzkommission, die im Frühjahr Vorschläge vorlegen soll. Es sei davon auszugehen, dass Vorschläge wie eine Kontaktgebühr dort debattiert würden. Einzelne Ideen wolle sein Haus aber nicht kommentieren, sagt er.


