Alterslimit für Weihnachtsmann-Glaube

Weihnachtsmann umgeben von Kindern
epd-bild/Hans Scherhaufer
Gibt es den Weihnachtsmann oder nicht? - Das fragen sich Kinder mit zunehmenden Alter.
Glaube an Weihnachtsmann
Alterslimit für Weihnachtsmann-Glaube
Mit zunehmender Reife kommt der Tag, an dem Kinder sich zu fragen beginnen, ob es den Weihnachtsmann gibt oder nicht. Die Kieler Psychologin Svenja Lüthge gibt Tipps, wann und wie Eltern ihrem Nachwuchs die Wahrheit sagen können.

Eltern können ihre Kinder beim Loslassen vom Weihnachtsmann-Glauben unterstützen. Wie das geht, weiß die Kieler Psychologin Svenja Lüthge: Reagiert ein Kind etwa enttäuscht, wenn es erkennt, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt, könnten Eltern ihm die Geschichte vom heiligen Nikolaus von Myra erzählen, einem Bischof aus dem 4. Jahrhundert, der für seine Hilfsbereitschaft bekannt war. Das ergäbe inhaltlich "eine kleine Parallele", sagt Lüthge im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Viele Kinder glauben an den Weihnachtsmann. Was halten Sie aus psychologischer Sicht davon, dass Eltern ihren Kindern diese Geschichte auftischen?

Svenja Lüthge: Wenn Kinder etwa zwei bis fünf Jahre alt sind, befinden sie sich in einer magischen Phase. Während dieser Zeit lieben sie Geschichten aller Art, auch die vom Weihnachtsmann. Eltern erzählen ihren Kindern häufig aktiv von ihm, weil sie einst selbst den Glauben an den Weihnachtsmann und das ganze Drumherum als schön empfunden haben. Etwa, ihm einen Brief zu schreiben und Wünsche erfüllt zu bekommen, wenn man brav war. Das ist sozusagen die psychosoziale Belohnung. Der Weihnachtsmann bekommt zum Dank vielleicht einen Teller mit Keksen. Kinder lieben all das.

Wann beginnen Kinder, die Existenz des Weihnachtsmannes zu hinterfragen?

Lüthge: Wenn sie kognitiv reifer werden, das beginnt ungefähr mit dem Eintritt in die Grundschule. Dann beginnen sie, Zusammenhänge herzustellen und viele Dinge zu hinterfragen.

"Mit zunehmender kognitiver Reife gibt sich das mit dem Glauben an den Weihnachtsmann meist langsam von selbst"

Wann sollten Eltern ihren Kindern sagen, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt?

Lüthge: Ich würde das einfach auslaufen lassen. Mit zunehmender kognitiver Reife gibt sich das mit dem Glauben an den Weihnachtsmann meist langsam von selbst. Daneben gibt es Kinder, die wollen gern weiter an den Weihnachtsmann glauben, weshalb sie das Ganze nicht hinterfragen.

Wenn ein Kind aber von sich aus fragt, ob es den Weihnachtsmann gibt oder nicht, was sollten Eltern dann antworten?

Lüthge: Die Wahrheit zum richtigen Zeitpunkt ist völlig okay. Eltern können ihrem Nachwuchs ja ehrlich und liebevoll die Tradition erklären, die Kinder werden das verstehen. Zumal die Botschaft bestehen bleibt: Was wünsche ich mir, was tue ich dafür, was gebe ich anderen, welche Werte möchte ich leben?
Wer Angst hat, sein Kind könnte enttäuscht reagieren, kann ihm auch eine Gegenfrage stellen, nämlich: "Glaubst du denn an den Weihnachtsmann?" Die Kleineren sagen dann immer "Ja".

"Für Kinder im Kindergartenalter ist die Story: Der Weihnachtsmann war bei mir und hat mir Geschenke gebracht"

Angenommen, der Weihnachtsmann, der zu einem Kind nach Hause kommt, sieht ganz anders aus als der Weihnachtsmann, den es zuvor auf dem Weihnachtsmarkt getroffen hat. Was sollten Eltern antworten, wenn ihr Kind sie darauf anspricht?

Lüthge: Sie könnten sagen, dass der Weihnachtsmann viel zu tun und deshalb viele Helfer hat. Und dass der Weihnachtsmann, den das Kind auf dem Weihnachtsmarkt gesehen hat, solch ein Kollege war, während der Weihnachtsmann, der ins Haus kommt, der Original-Weihnachtsmann ist.

Und wie sollten Eltern reagieren, wenn ihr Kind fragt, warum der Weihnachtsmann einigen Kindern die Geschenke persönlich überreicht, er sie bei anderen aber nur heimlich unter dem Baum versteckt?

Lüthge: Diese Frage stellen sich Kinder so nicht. Es ist eine deduktive, schlussfolgernde und damit eine Erwachsenenfrage. Dieses schlussfolgernde Denken, das Erfassen von Zusammenhängen, das lernt unser Gehirn erst im Laufe seiner Entwicklung. Deswegen haben Kinder ja auch so viel Freude an Geschichten.

Für Kinder im Kindergartenalter ist die Story: "Der Weihnachtsmann war bei mir und hat mir Geschenke gebracht." Darüber, wie diese Story gezaubert ist, also über die ganzen Details, reden sie nicht, weil sie noch gar nicht so weit sind.

Was können Eltern tun, wenn ein Kind etwa von seinen älteren Geschwistern erfährt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, und es dann enttäuscht ist?

Lüthge: Enttäuschungen sind eigentlich immer nicht erfüllte Erwartungen. Das Kind hatte die Erwartung, dass der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, die größeren Geschwister haben das Ganze entzaubert. Eltern können das Kind auffangen, indem sie ihm die Tradition erklären und ihnen dabei auch sagen, warum sie sich für die Weihnachtsmanngeschichte entschieden haben.

Zusätzlich könnten sie ihnen die Geschichte vom heiligen Nikolaus erzählen, den es der Überlieferung nach ja wirklich gegeben hat. Das hätte eine kleine, inhaltliche Parallele. Die Eltern könnten sagen, dass sie sich daran orientiert haben. So können sie diese Enttäuschung, diesen Schock, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, beim Kind ein bisschen auffangen.

Wie ist es bei größeren Kindern, die sich den Glauben an den Weihnachtsmann noch etwas bewahrt haben? Die können doch nicht ewig an den Weihnachtsmann glauben.

Lüthge: Ihnen könnten Eltern die direkte Frage stellen: "Sag mal, glaubst du eigentlich noch an den Weihnachtsmann?" Die antworten dann vielleicht mit "Ja, ja, ich glaube noch dran", lächeln dabei aber süffisant, oder sie sagen: "Nee, aber es war schön, an ihn zu glauben." Mit beidem wäre die Sache dann geklärt.