Wenn Erwachsene mit Lego und Plüschtieren spielen

Daniel Nee, Gründer des Vereins "Emslandbricks" mit großer Weihnachtsmann Legofigur
epd-bild/Detlef Heese
Daniel Nee, Gründer des Vereins "Emslandbricks" aus Meppen (Foto vom 16.12.2025), bezeichnet sich als "Lego-Nerd".
Lego & Plüschtiere für Kidults
Wenn Erwachsene mit Lego und Plüschtieren spielen
Spieltrieb, Nostalgie oder Lifestyle-Trend: Als Kidults werden Erwachsene bezeichnet, die sich gerne mal teure Lego-Sets und seltene Comics gönnen oder Plüschfiguren sammeln. Für Spielwarenhersteller rückt diese Zielgruppe zunehmend in den Fokus.

Daniel Nee aus Meppen ist begeisterter Lego-Fan: "Schon das Geräusch beim Sortieren der Steine entspannt." Nach einer anstrengenden Woche als selbstständiger IT-Fachmann helfe ihm am Wochenende das Bauen mit den Plastikklötzchen, "um runterzukommen". Besonders interessiert sich der 47-Jährige für die Themen Stadt und Eisenbahn.

Er sammle auch alle Minifiguren-Serien wie Muppets, Simpsons oder Loony Tunes, erzählt Nee, der sich als "Lego-Nerd" bezeichnet, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Noch interessanter als vorgegebene Sets zu bauen, sei es aber eigene Kreationen zu entwickeln. Regelmäßig besucht er Messen und hat 2023 den Verein "Emslandbricks" gegründet, zum Austausch mit Gleichgesinnten. Die Mitglieder, bisher nur Männer, seien zwischen 18 und über 70 Jahre alt.

Was früher belächelt oder gar als peinlich bezeichnet wurde, ist heute Trend: Erwachsene, die Spielzeug nicht nur sammeln, sondern auch aktiv nutzen - zum Abschalten, Entspannen oder einfach aus purem Spaß. So mancher von ihnen verbindet mit Dingen wie Diddl-Mäusen vielleicht auch eine nostalgische Erinnerung an die eigene Kindheit und Jugend. Sie werden als "kidults" bezeichnet, zusammengesetzt aus den englischen Wörtern "kids" für Kinder und "adults" für Erwachsene.

Pokémonkarten statt Briefmarken

In den vergangenen Jahren sei Spielzeug für Erwachsene salonfähiger geworden, sagt der Spielforscher Volker Mehringer. Er forscht an der Universität Augsburg zur pädagogischen Bedeutung des Spielens. "Der Stellenwert des Spiels erstreckt sich über die ganze Lebensspanne." Spielen sei etwas sehr Menschliches, erläutert Mehringer im epd-Gespräch. So habe es schon immer eine spielerische Betätigung von Erwachsenen gegeben. Als ein Beispiel nannte er das Skatspielen. Das Sammeln von Pokémon-Karten heute könne man mit dem Briefmarkensammeln von früher vergleichen.

Das Spielen sei bei Kindern wie bei Erwachsenen beispielsweise gut fürs Wohlbefinden und die Persönlichkeitsentwicklung und könne sogar positiv bei der Traumabewältigung sein. Wenn Marketingexperten von Spielzeugkonzernen gar eine "Heilung des inneren Kindes" versprächen, sei dies aber sehr hoch gegriffen. Das verspricht etwa der US-Spielwarenkonzern Mattel. Spielzeug könne ein "Leuchtfeuer der Freude, Nostalgie und Heilung" sein, schrieb das Unternehmen 2024 in einer Pressemitteilung über eine Befragung von mehr als 1.000 Deutschen.

Playmobil-Luther über eine Million mal verkauft

Die Spielwarenmesse Nürnberg kündigt - nach dem "großen Erfolg" im vergangenen Jahr - für 2026 erneut eine Sonderfläche "Toys for Kidults" an zentraler Stelle an. Während der Umsatz in Europa im Bereich Kinderspielzeug allein zwischen 2019 und 2022 um 200 Millionen Euro zurückgegangen sei, sei er im Kidult-Bereich um eine Milliarde Euro gestiegen, heißt es auf der Homepage der Messe.

Hersteller versuchen, Erwachsenenthemen in Spielzeuge zu integrieren. Ein Beispiel ist die Sammelfigur von Playmobil wie "Martin Luther".

Mehringer zufolge wollen die Hersteller verstärkt Erwachsene ansprechen, indem sie versuchten, Erwachsenenthemen in Spielzeuge zu integrieren. Ein Beispiel seien etwa auch die Sammelfiguren von Playmobil wie "Martin Luther" oder aktuell die "Schwarzwald Marie". Die 77.000 Exemplare der im Herbst aufgelegten, limitierten Figur mit rotem Bollenhut und der berühmten Schwarzwälder Kirschtorte waren sofort ausverkauft. Vor Verkaufsstellen wie der Touristeninformation Ettlingen (Kreis Karlsruhe) bildeten sich lange Schlangen.

Auch die zweite Auflage der "Schwarzwald Marie" von 150.000 Stück, der gemeinsam mit Baiersbronn Touristik und der Schwarzwald Touristik GmbH entstandenen Figur, ist fast weg. Eine dritte Auflage - inklusive Schwarzwälder-Kirschtorten-Originalrezept - ist geplant. Bei der Gründung vor mehr als 50 Jahren waren die Plastikfiguren von Playmobil vor allem für Kinder zwischen vier und zehn Jahren gedacht. Seit einigen Jahren wird das Sortiment auch auf Sammler ausgeweitet. Kultstatus mit mehr als 1,2 Millionen verkauften Exemplaren erlangte 2017 eine Playmobil-Luther-Figur anlässlich von 500 Jahren Reformation.

Spielforscher Mehringer sieht zudem einen großen Trend bei Plüschtieren wie Labubus - zottelige Plüschmonster mit großen Augen und einem breiten Grinsen - oder Jellycats. Mit ihren für Kinder unüblichen Designs, etwa in Form einer Avocado oder einer Kaffeetasse, richteten sie sich oft speziell an Erwachsene und würden teils zu hohen Preisen in limitierter Stückzahl verkauft. Aktuell im Angebot ist auch eine "Blaufichte": Der 92 Zentimeter große Plüschweihnachtsbaum (Blue Spruce Christmas Tree), den die Homepage vermenschlicht und mit einer "introvertierten Persönlichkeit" beschreibt, kostet 250 Euro.