Elke Eckardt, die Geschäftsführerin der Evangelischen Heimstiftung in Stuttgart, bringt es auf den Punkt: "Die Kirchenmitgliedschaft wird von uns ausdrücklich begrüßt, denn sie ist Ausdruck einer von christlichen Werten geprägten Haltung. Sie ist aber keine Voraussetzung für Menschen, die bei uns arbeiten." Ähnlich äußerten sich auf Anfrage mehrere große Diakonieträger. Bei ihnen ist nur für einen Bruchteil von oft mehreren Tausend Stellen die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche Einstellungsbedingung.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil erst vor wenigen Wochen das Bundesverfassungsgericht das religiöse Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und der Diakonie gestärkt hat (AZ: 2 BvR 934/19). Damit hatte die Verfassungsbeschwerde des evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung Erfolg.
Derweil hat die Realität den jahrelangen Rechtsstreit über den nun in Karlsruhe entschiedenen Fall längst überholt. Wohl auch, weil viele Unternehmen bei Diakonie und Caritas beim strikten Festhalten an der Kirchenmitgliedschaft massive Probleme hätten, ihre freien Stellen zu besetzen. Denn viele Zuwanderer, die im sozialen Bereich tätig sind, gehören anderen Religionen an.
Inhaltliche Begründung nötig
Die Diakonie Himmelsthür verlangt nach eigenen Angaben nur noch für die wenigsten Stellen eine Kirchenzugehörigkeit: für den Vorstand, die Geschäftsführungen sowie die Mitglieder des Teams diakonisches Profil. "Das sind rund 25 Personen im Verhältnis zu rund 3.500 Mitarbeitenden, beides im Unternehmensverbund mit sieben Tochtergesellschaften", sagte Sprecherin Ute Quednow dem Evangelischen Pressedienst.
Neu sei das nicht: Die Einstellungspraxis habe sich schon vor rund zehn Jahren geändert, als die deutschen Gerichte immer wieder deutlich gemacht hätten, dass es für eine Kirchenmitgliedschaft bei Mitarbeitenden mehr inhaltliche Gründe geben müsse als die Mitarbeit bei einem diakonischen Träger an sich. "Seitdem unterschreibt jede und jeder neue Mitarbeitende, dass er oder sie sich loyal den Werten der Diakonie Himmelsthür gegenüber verhält, die exemplarisch im Leitbild beschrieben sind", so Quednow.
Ausnahme: Führungskräfte
Bei der Evangelischen Heimstiftung gilt für knapp 200 von rund 10.700 Mitarbeitenden die Kirchenmitgliedschaft als Jobvoraussetzung. Nämlich für Führungskräfte, die "in besonderer Weise Verantwortung für das diakonische Profil und dessen glaubwürdige Vertretung nach innen und außen tragen". Das sind Geschäftsführung, Regional- und Hausdirektionen sowie Referatsleitungen.
Das sei vor einigen Monaten auch in einer neuen Leitlinie zum christlich-diakonischen Profil fixiert worden. Geschäftsführerin Eckhardt: "Wir haben für die Ausschreibungen keinen Textbaustein zu christlichen Werten, weisen aber bewusst darauf hin, dass wir ein diakonischer Arbeitgeber sind. Das ist schon länger so Praxis."
Personalmangel fördert die Entwicklung
Ingo Habenicht, ehemaliger Chef des Johanneswerks in Bielefeld, sagte dem epd, bei etwa 7.500 Beschäftigten seines Unternehmens gebe es nur 40 Stellen, in denen eine Kirchenmitgliedschaft unverzichtbar sei. "Das hängt mit der Art der Tätigkeit zusammen. Wir haben eine Kirchenmitgliedschaftsquote von knapp unter 70 Prozent", sagte er. Man sei ein christlicher Träger, "aber wir verstehen uns als interreligiöser Akteur, dem Begegnungen mit anderen Religionen wichtig sind." Das sei schon lange in den eigenen Grundlagentexten festgeschrieben.
Für die Stiftung Liebenau in Meckenbeuren mit fast 9.000 Beschäftigten ist eine formale Kirchenmitgliedschaft grundsätzlich keine zwingend notwendige Einstellungsvoraussetzung, "insbesondere angesichts des allgemeinen Personalmangels, der sich in den vergangenen Jahren verschärft hat", sagte Sprecher Ulrich Dobler. Nur in wenigen Ausnahmefällen, beispielsweise für Mitarbeitende des Pastoralen Dienstes, sei die Kirchenmitgliedschaft erforderlich.
"Für uns ist entscheidend, dass alle Mitarbeitenden bereit sind, die christlichen Werte der Stiftung im Alltag der sozialen Arbeit zu leben und umzusetzen", sagte Dobler. Diese seien "in der Stiftungssatzung, unseren Werten und in unseren Leitlinien festgelegt und gelten seit vielen Jahren für alle deutschen und internationalen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften auch im Verbund mit der Stiftung Hospital zum Heiligen Geist".



