Wiesbaden (epd). Die Autorin Gilda Sahebi kritisiert, dass Spaltungserzählungen vor allem autoritären Kräften nutzten. Die Menschen seien darauf angewiesen, einander zu unterstützen und zu kooperieren, sagte Sahebi dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Journalistin und Autorin plädierte für mehr gegenseitiges Verständnis im gesellschaftlichen Miteinander.
Streit ist wichtig für die Demokratie
Grundsätzlich sei Polarisierung und Streit über politische Inhalte und konkurrierende Gesellschaftskonzepte wichtig, sagte die Autorin. „Eine Gesellschaft wird erst kreativ, resilient und stark durch die Unterschiedlichkeit der Menschen.“ Als problematisch beschrieb Sahebi jedoch die „affektive Polarisierung“. Dabei werde nicht nur die andere Meinung abgelehnt, sondern zugleich der Mensch dahinter abgewertet und zum Feind erklärt. So etwas dürfe es in einer Demokratie nicht geben, sagte sie. Sahebi kritisierte, dass Unterschiede zwischen den Menschen politisch instrumentalisiert würden, um Sündenböcke für soziale Probleme zu finden.
Vorangetrieben würden die Spaltungserzählungen von Gut gegen Böse vor allem von autoritären Parteien, weil diese von ihnen profitierten. „Autoritäre werden immer sagen, wer der Feind ist und warum die Bevölkerung hinter dem Herrscher stehen muss, um sie vor diesem vermeintlichen Feind zu schützen“, sagte Sahebi. Zugleich kritisierte sie die demokratischen Parteien, die bei diesen Erzählungen oftmals mitzögen. Stattdessen sollten sie den Spaltungserzählungen etwas entgegensetzen, das das Gemeinsame betone. Denn in Wirklichkeit sei die Gesellschaft bei vielen Themen viel näher beieinander als oftmals vermutet.
Soziale Medien suggerieren, die Gesellschaft sei gespaltener, als sie ist
Dass die Bürgerinnen und Bürger glaubten, sie seien in vielen Fragen gespalten, liege auch an den sozialen Medien. „Dort wird eine Realität vermittelt, die so nicht existiert“, sagte die Autorin. Algorithmen würden besonders extreme Meinungen hervorheben, dadurch entstehe der Eindruck von zwei verhärtet gegenüberstehenden Seiten. Die klassischen Medien forderte sie auf, „machtkritischer“ gegenüber der Politik zu sein. Anstatt nur Debatten abzubilden, sollten sie tiefergehend erklären und die Hintergründe beleuchten.
Sahebi plädierte dafür, im gesellschaftlichen Miteinander Verständnis füreinander aufzubringen. „Verstehen heißt nicht gutheißen. Ich kann klar in meiner eigenen Position sein, ohne die andere Person abzuwerten.“ Dabei gehe es auch darum, die Einteilung in Gut und Böse zu überwinden. Meinungen seien vielschichtiger, als es Spaltungserzählungen suggerierten.




