Attentat am Holocaust-Denkmal: Opfer will aus Spanien anreisen

Attentat am Holocaust-Denkmal: Opfer will aus Spanien anreisen
2.710 Betonstelen erinnern mitten in Berlin an die im Holocaust ermordeten Juden. Im Februar griff dort ein Syrer einen Touristen mit einem Messer an. Während er zum Prozessauftakt schwieg, will das Opfer nach Deutschland kommen und aussagen.

Berlin (epd). Vor dem Berliner Kammergericht hat am Donnerstag der Prozess wegen des Messerangriffs auf einen spanischen Touristen am Berliner Holocaust-Mahnmal begonnen. Der 19-jährige Syrer Wassim al M. soll am 21. Februar im Stelenfeld des Denkmals dem 30-jährigen Iker M. aus islamistischen und antisemitischen Motiven die Kehle durchschnitten haben. Laut Anklage hat der Tourist die Tat nur aufgrund eines Notarzt-Einsatzes überlebt. Die Anklage vor dem Staatsschutz-Senat lautet unter anderem auf versuchten Mord. Für das Verfahren gegen den Heranwachsenden sind bis zum 29. Januar zwölf Verhandlungstage anberaumt. (AZ: 1 St 3/25)

14-Zentimeter-Schnitt

Laut Darstellung der Bundesanwaltschaft trat Wassim al M. am Tattag gegen 18 Uhr an sein ihm bis dahin unbekanntes Opfer von hinten heran. Er soll den Spanier gepackt und ihm einen 14 Zentimeter langen Kehlschnitt zugefügt haben. Als sich Iker M. herauswand, soll der Angreifer ihm noch einen mehr als sechs Zentimeter langen Schnitt im Gesicht sowie eine weitere Verletzung an der Hand zugefügt haben.

Der Täter soll noch „Allahu Akbar“ („Gott ist groß“) gerufen haben, während der Spanier in Begleitung seiner zwei Freunde aus dem Stelenfeld flüchtete. Laut Staatsanwältin Katrin Fischer war sich der Angeklagte sicher, dass sein Opfer an dem Schnitt sterben würde. Der Angeklagte kann als 19-Jähriger sowohl nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden.

Als erster Zeuge wurde ein Polizist angehört, der vor der US-amerikanischen Botschaft eingesetzt war. Er sei auf den Spanier und eine Begleiterin aufmerksam geworden und habe den Notruf sowie weitere Einsatzkräfte verständigt. Ein weiterer Polizist sollte am ersten Verhandlungstag aussagen.

Opfer seitdem arbeitsunfähig

Iker M. tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Wie sein Anwalt Sebastian Sevenich sagte, war der Baske rund fünf Tage lang im Krankenhaus. Infolge des Kehlschnitts seien Nerven geschädigt. Zudem könne der Spanier aufgrund der Traumatisierung kaum am Leben teilnehmen. Auch seinen Beruf könne der Ernährungswissenschaftler seitdem nicht mehr ausüben. Iker M. will laut Anwalt während der Hauptverhandlung einmal nach Deutschland kommen und voraussichtlich am 3. Dezember vor Gericht aussagen.

Daniel Sprafke, der Verteidiger des Angeklagten, sagte, er habe seinem Angeklagten geraten, zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Laut Bundesanwaltschaft soll Wassim Al M. Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und deren Ideologie gewesen ein. Am Tattag sei er, angetrieben durch die Eskalation des Nahostkonflikts, von seinem Wohnort Leipzig nach Berlin gereist.

Kurz vor der Gewaltattacke habe er ein Foto von sich an IS-Mitglieder gesendet und sich als Mitglied angedient. Er sei davon ausgegangen, dass er am Holocaust-Mahnmal mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Menschen jüdischen Glaubens treffe. Gegen den im Nordost-syrischen al-Hasaka geborenen Angeklagten lagen laut Angaben eines Gerichtssprechers keine Vorstrafen im Bundeszentralregister vor. Der Angeklagte war noch am Tatabend in der Nähe des Tatorts festgenommen worden.